Haushaltsrede 2023 von Kreiskämmerer Martin Stiller
Rede zur Einbringung der Haushaltssatzung für das Haushaltsjahr 2023 in der Sitzung des Kreistages am 14.12.2022
- Kreiskämmerer Martin Stiller –
Es gilt das gesprochene Wort!
Sehr geehrter Herr Landrat,
meine sehr geehrten Damen und Herren Kreistagsabgeordnete,
zum ersten Mal bringe ich als neuer Kämmerer in der Nachfolge meines geschätzten Vorgängers Ingolf Graul den Haushalt in den Kreistag ein und darf Ihnen heute die Eckpunkte dazu vorstellen. Darüber freue ich mich ungemein.
Beim Blick auf die Zahlen könnten Sie den Eindruck gewinnen, dass ich es mir bei meinem ersten Haushalt leicht gemacht habe und den Hebesatz von 32 % aus 2022 einfach auf das Jahr 2023 übertragen habe und die Arbeit damit erledigt sei. Ganz so einfach macht es uns aber die wechselhafte und herausfordernde Zeit, in der wir leben, nicht. Die Pandemie hat viel Kraft gekostet, zudem hat der russische Angriff auf die Ukraine eine grundlegend neue Lage geschaffen. Die Energiepreise für Industrie und Bürger sind seit Sommer explodiert und die Inflation ist stark gestiegen.
Die gesamtgesellschaftlichen und wirtschaftlichen Entwicklungen sind von einer großen Unsicherheit und Volatilität geprägt: Werden in diesem Winter noch viele weitere ukrainische Flüchtlinge zu uns kommen? Wie werden sich die davon galoppierenden Baukosten bei unseren Projekten z.B. im Schulbereich entwickeln? Benötigt das Rheinlandklinikum in den Folgejahren weitere finanzielle Unterstützungen? Kurzum: Momentan planen wir in Zeiten von Unplanbarkeit.
Aufbauend auf dieser Ausgangslage möchte ich Ihnen einen Überblick über die Eckpunkte der Haushaltsplanung geben:
Die beiden entscheidenden Ertragsquellen des Kreises, Umlage und Schlüsselzuweisungen, zeigen sich trotz der angespannten wirtschaftlichen Situation robust und stabil.
Die Umlagegrundlagen des Kreises, bestehend aus den Steuereinnahmen der Kommunen und den vom Land kommenden Schlüsselzuweisungen an die Kommunen, steigen gegenüber 2022 um 9,5 % auf knapp 850 Mio. € an.
Zu verdanken ist dies dem Anstieg der originären Finanzausgleichsmasse im GFG 2023, die mit landesweit 15,2 Mrd. € rund 8 Prozent über dem Vorjahreswert liegt.
Die Schlüsselzuweisungen des Landes an den Kreis selber liegen knapp unter dem Vorjahreswert und bleiben damit in etwa stabil.
Mit Blick auf die Aufwandsseite des Haushalts möchte ich zwei Bereiche hervorheben.
Der Finanzbedarf durch die Landschaftsumlage an den LVR steigt weiter an.
Die ursprüngliche Planung des für die Jahre 2022 und 2023 verabschiedeten Doppelhaushaltes des Landschaftsverbandes sah für 2023 einen Hebesatz von 16,65 v.H. vor. Bei diesem Hebesatz hätte der Landschaftsverband durch die – bei der damaligen Planung des Doppelhaushalts natürlich noch nicht bekannte – Steigerung der Umlagegrundlagen einen unerwarteten Mitnahmeeffekt in Höhe von rund 530 Mio. € zu verzeichnen. Die regierungstragenden Fraktionen im LVR haben sich bereit erklärt, in einem Nachtragshaushalt den Hebesatz für 2023 um ein Prozent zu reduzieren. LVR-weit bleibt es dadurch allerdings immer noch bei einer Mehrbelastung in Höhe von ca. 250 Mio. € für die Kreise und kreisfreien Städte im kommenden Jahr. Für unseren Kreis steigt die Umlage im Verhältnis zum Vorjahr um rund 16 Mio. €. Es bleibt festzuhalten: Mehr als die Hälfte des Aufkommens aus der Kreisumlage wird benötigt, um den Ansprüchen des Landschaftsverbandes Rheinland gerecht zu werden.
Der zweite, den Haushalt besonders prägende Aufwandsbereich besteht in den Leistungen für Soziales. Hervorzuheben ist der erhöhte Aufwand durch den Rechtskreiswechsel der Ukraine-Flüchtlinge ins SGB II sowie für höhere Mietobergrenzen und gestiegene Energiekosten bei den Kosten der Unterkunft in Höhe von insgesamt 4 Mio. €.
Mit der nachfolgenden Übersicht möchte ich Ihnen noch einen wesentlichen Aspekt der Haushaltsfinanzierung verdeutlichen. Der Haushalt wird durch die Leistungen für Soziales sowie die Umlage des Landschaftsverbandes Rheinland dominiert. Angesichts eines Haushaltsvolumens von 605 Mio. € wird deutlich, dass allein durch diese beiden Bereiche mehr als 55% - also 342 Mio. € - des Haushaltes von Aspekten geprägt sind, die wir als Kreis kaum beeinflussen können.
Neu sind bei dieser Haushaltsaufstellung zwei Themen. Zum einen verpflichtet der Landesgesetzgeber uns, nicht nur wie bisher die coronabedingten sondern 2023 auch die ukrainebedingten Kosten im Haushalt zu isolieren. Zum anderen reduziert sich für uns zukünftig der Aufwand bei der häuslichen Pflege durch erheblich höhere Leistungen der Pflegeversicherungen.
Zu Beginn habe ich darauf hingewiesen, dass wir im Moment in einer äußerst dynamischen und volatilen Zeit leben. Die Haushaltsplanung wird regelmäßig mit neuen Entwicklungen konfrontiert und besitzt noch nicht für alle Bereiche die erforderliche Klarheit. So laufen die Tarifverhandlungen im öffentlichen Dienst und können bisher nicht bei den Personalaufwendungen berücksichtigt werden. Für die von Bund und Land NRW Anfang Dezember zugesagten zusätzlichen Finanzmittel hinsichtlich Corona sowie Flucht und Migration steht die Verteilung auf die Städte, Kreise und Gemeinden noch nicht fest.
Klar ist, dass die Mittel einen wichtigen Beitrag leisten werden, um die fortbestehenden Belastungen durch Corona und Migration sowie die neu hinzugekommenen Kosten durch die Ukraine-Krise abzumildern und den Haushalt zu entlasten.
Ich komme zum Abschluss meiner Ausführungen und danke an dieser Stelle den Mitarbeitern der Kämmerei mit Frau Rönicke an der Spitze für die sehr gute Arbeit bei der Aufstellung des Haushaltentwurfs.
Eine Rede soll man bekanntlich immer mit etwas positivem beenden. Deshalb zeige ich Ihnen als letzte Folie Daten der GPA NRW.
Die Grafik zeigt einen Vergleich aller Kreise in NRW im Hinblick auf den Umlagebedarf je Einwohner. Der Rhein-Kreis Neuss liegt mit 371 €/Einwohner deutlich unterhalb des landesweiten Medians von 411 €/Einwohner. Es zeigt sich klar, dass unser Kreis in der Vergangenheit finanziell sehr sparsam und mit besonderer Rücksicht auf die Haushaltslage seiner Städte und der Gemeinde gehaushaltet hat. Angesichts der derzeitig unvorhersehbaren Entwicklungen in der Welt und unserem Land sowie den wirtschaftlich schlechten Prognosen sind wir alle gut beraten, an dieser Linie festzuhalten und die finanziellen Ressourcen sparsam und unter einer weitest gehenden Schonung der Kreisumlage einzusetzen.
Ich bitte Sie den Entwurf der Haushaltssatzung zur weiteren Beratung in die Fraktionen und in den Finanzausschuss zu verweisen. Für die Beratungen wünsche ich Ihnen viel Erfolg.
Vielen Dank für Ihre Aufmerksamkeit.