Haushaltsrede 2024 von Kreiskämmerer Martin Stiller
Rede des Kämmerers zur Einbringung des Haushalts 2024 am 13.12.2023
Lieber Herr Landrat,
sehr geehrte Damen und Herren Kreistagsabgeordnete,
die wichtigste Botschaft direkt zu Anfang: Es ist uns trotz der aktuellen finanziellen Herausforderungen gelungen, für das kommende Jahr einen ausgeglichenen Haushalt im Kreis aufzustellen.
Im Moment leben wir - weiterhin – in einer Zeit, in der eine Krise die nächste jagt. Es herrscht viel Unsicherheit hinsichtlich der derzeitigen geopolitischen und wirtschaftlichen Lage und gleichzeitig haben wir große Umbrüche wie den Klimawandel oder die Digitalisierung zu bewältigen. Vor diesem Hintergrund waren bei der Aufstellung des Haushalts für das Jahr 2024 drei Fragen leitend:
- Wie gehen wir mit den aktuell großen Unsicherheiten und Risiken im Haushalt um?
- Wie behalten wir trotz permanentem Krisenmanagement die langen Linien und Zukunftsthemen unseres Kreises im Blick?
- Wie schaffen wir bei der angespannten Finanzlage eine faire und ausgewogene Lastenverteilung zwischen Kreis und kreisangehörigen Kommunen?
Zu Frage 1: Wie gehen wir mit den großen Unsicherheiten und Risiken im Haushalt um?
Angesichts der aktuellen Dynamik der wirtschaftlichen und politischen Entwicklungen sind die Prognoserisiken im kommenden Haushalt beachtlich:
- Niemand kann vorhersagen, wann der Ukrainekrieg endet und ob weitere Flüchtlinge zu uns gelangen werden.
- Die Inflationsentwicklung und die Reaktion der EZB lassen sich nicht abschätzen.
- Wir wissen nicht, wie sich die Auftragslage der deutschen Wirtschaft angesichts der geopolitischen Unsicherheit und der hohen Energiekosten bei uns entwickelt. Damit ist auch unklar, welche Steuereinnahmen Bund, Länder und Kommunen realistisch erwarten dürfen.
- Hat das Urteil der BVerfG zur Schuldenbremse möglicherweise Auswirkungen auf bestehende Förderprogramme, an denen wir partizipieren, oder auf die allgemeine finanzielle Unterstützung durch Bund und Land für die kommunale Ebene?
Mit diesen Unwägbarkeiten müssen wir bei der Haushaltsaustellung umgehen und sicherstellen, dass wir den Risiken adäquat begegnen und den Haushalt krisensicher aufstellen. Maxime unseres haushalterischen Handels ist, die Handlungsfähigkeit des Kreises im kommenden Jahr und darüber hinaus sicherzustellen. Diese Erwartung dürfen die Bürger berechtigterweise an uns stellen.
Die Erträge aus dem Finanzausgleich bleiben in 2024 stabil. Nach der Modellrechnung des Landes dürfen wir mit 58,9 Mio. Euro Schlüsselzuweisungen und damit 1,6 Mio. Euro mehr als in 2023 rechnen. Die Finanzkraft der kreisangehörigen Kommunen ist tragfähig, wie sich in den Umlagegrundlagen von 856,9 Mio. Euro zeigt.
Herausfordernder und schwerer zu kalkulieren ist die Aufwandsseite. Seit Kriegsbeginn in der Ukraine kommt eine stetige Anzahl an Menschen aus der Ukraine in den Rhein-Kreis Neuss, um hier Schutz und Hilfe zu erfahren. Ein Ende des Krieges und die Entwicklung der finanziellen Belastungen für den Kreishaushalt sind nicht absehbar. Besonders die Aufwände im Sozialbereich sind in erheblichem Millionenumfang betroffen. Exemplarisch wird dies an der Steigerung im SGB II deutlich: von 88 Mio. Euro in 2023 auf 96,8 Mio. Euro in 2024.
Auch die Energiekosten, die bei uns selbst entstehen, wirken sich signifikant aus: nahezu 3 Mio. Euro
Mit der Inflation geht auch eine Steigerung der Personalkosten einher. Die Personalaufwendungen steigen gegenüber dem Ansatz des Vorjahres (2023) in Höhe von 81,7 Mio. Euro um ca. 6 Mio. Euro, was ca. 7,4 % entspricht. Hauptgrund für diese Steigerung sind die Auswirkungen der Tarifrunde 2023/2024, die erst zum 01.03.2024 ihre vollen Auswirkungen entfaltet, sowie die Mehraufwendungen durch die Besoldungserhöhung für Beamte in Höhe von voraussichtlich 1,3 Mio. Euro.
Und auch für das Rheinlandklinikum müssen wir vorrausschauend Sorge tragen und denkbare Risiken durch Reservenbildung absichern. So haben wir unsere Rückstellung für das Klinikum um weitere 10 Mio. Euro erhöht, um jederzeit dem Krankenhaus unter die Arme greifen zu können. Eine Möglichkeit der Unterstützung im kommenden Jahr könnte darin liegen, dem Krankenhaus Grundstücke abzukaufen, um diesem einerseits Liquidität bereit zu stellen, andererseits für den Kreis auch einen Gegenwert zu erhalten.
In der angespannten aktuellen Lage fokussiert sich der Blick zwangsläufig auf die kurzfristigen Handlungserfordernisse. Wir dürfen allerdings zentrale Zukunftsthemen nicht aus dem Blick verlieren. Dies führt mich zu meiner zweiten Frage.
Zu Frage 2: Wie behalten wir trotz permanentem Krisenmanagement die langen Linien und Zukunftsthemen unseres Kreises im Blick?
In vielen vom Kreis verantworteten Aufgabenbereichen stehen große und herausfordernde Übergänge und Anpassungen bevor. Wir müssen uns diesen aktiv stellen und am Puls der Zeit bleiben statt erst zu spät auf Entwicklungen zu reagieren. Viele dieser Themen und Projekte erfordern kräftige Investitionen, wir werden – auch aus Kapazitätsgründen – klare Schwerpunkte setzen müssen.
Für Investitionen stellen wir insgesamt 41,5 Mio. Euro zur Verfügung. Im kommenden Jahr werden wir voraussichtlich seit längerer Zeit mal wieder Geld am Kapitalmarkt aufnehmen. Zentrale Zukunfts-Bereiche sind die Bildung, die Digitalisierung, die Bekämpfung des Klimawandels, der Sport und der Bevölkerungsschutz:
- Weiterbildungskollegs
Ab dem 01.02.2024 plant der Rhein-Kreis Neuss die Übernahme des Theodor-Schwann-Kollegs in seine Trägerschaft. Bereits für das Haushaltsjahr 2023 waren ursprünglich 650.000 Euro für die Übernahme eingeplant. Im Haushaltsentwurf für 2024 sind Mittel in Höhe von insgesamt 1.166.135,33 Euro vorgesehen.
- Modernisierung und Digitalisierung der Verwaltung
Für 2024 sind neue Projekte i. H. v. ca. 1,3 Mio. Euro eingeplant, die unter anderem für eine Cyberversicherung, ein Speichersystem für die zentrale Datenspeicherung, ein Security-Management-System und neue Lizenzen für MS-Office und ein Softphonebetrieb für die Gesamtverwaltung eingesetzt werden.
- Schulen
Mosaikschule in Grevenbroich:
Aufgrund hoher Schülerzahlen plant der Rhein-Kreis Neuss einen Erweiterungsbau der Mosaikschule in Grevenbroich, welcher bis Ende 2024 fertiggestellt sein soll. Für die Umsetzung werden 1.525.000 Euro eingeplant. Übergangsweise wurden Containeranlagen bis zum Abschluss der Baumaßnahme errichtet.
Michael-Ende-Schule in Neuss:
Ab dem Schuljahr 2026/27 besteht ein gesetzlicher Anspruch auf ganztägige Betreuung für Erstklässler. Die Michael-Ende-Schule in Neuss wird durch Umorganisation und bauliche Erweiterung angepasst. Für das Haushaltsjahr 2024 wird mit Baukosten in Höhe von 4 Mio. Euro gerechnet, wobei die Baukosten insgesamt auf etwa 12,5 Mio. Euro geschätzt werden.
- Schul-IT
Im Haushaltsjahr 2024 plant der Rhein-Kreis Neuss mit Investitionen im schulischen IT-Bereich in Höhe von 2.800.934,63 Euro, um die technische Ausstattung der Schulen zu modernisieren, Hardware für den pädagogischen Einsatz bereitzustellen und die Schulverwaltungsinfrastruktur weiter auszubauen. Damit investiert der Kreis knapp 1 Mio. Euro mehr als im Vorjahr.
- Klimaschutz (Wärmedämmung, etc.)
Erneuerung der Beleuchtungsanlagen sowie Erneuerung der Fensterelemente am Business-Center Grevenbroich, Berufskolleg Dormagen: Für die energetische Sanierung des Berufskollegs Dormagen sind 2024 Mittel in Höhe von 2.150.000 Euro für die bauliche Planung eingeplant.
- Sport
Fechtzentrum:
Im Haushaltsjahr 2024 plant der Kreis die Umsetzung des Fechtzentrums mit 1.510.000 Euro. Die Stadt Dormagen unterstützt das Vorhaben mit einem Zuschuss von 550.000 Euro.
Radsportforum:
Für das Radsportforum sieht der Haushaltsentwurf 2024 einen Zuschuss von 528.000 Euro an den Trägerverein vor.
Wildwasserpark:
Im Jahr 2024 plant der Kreis mit Planungskosten von 1.320.000 Euro für den Wildwasserpark. Auch die Stadt Dormagen unterstützt das Projekt mit einem Zuschuss. Außerdem wird eine Landes-/Bundesförderung von 1.056.000 Euro erwartet.
- Abfallbeseitigungsanlage
Die Kompostanlage und die Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage (WSAA) benötigen wegen Verschleiß und Modernisierung der Anlagentechnik regelmäßig Investitionen.
- Bau eines Gefahrenabwehrzentrums. Dieses soll zentraler Ort für den Bevölkerungsschutz im Rhein-Kreis werden und für die verschiedenen Katastrophenschutzszenarien gerüstet sein. Die im Ausschuss begonnene politische Willensbildung soll in den Haushaltsberatungen Anfang 2024 fortgesetzt werden.
Zu Frage 3: Wie schaffen wir bei der angespannten Finanzlage eine faire und ausgewogene Lastenverteilung zwischen Kreis und kreisangehörigen Kommunen?
Die Finanzkraft der Kommunen ist seit langem angespannt und wird durch die gegenwärtigen Aufgabenstellungen wie Klimawandel, Digitalisierung, Schulen und Zuwanderung noch mehr strapaziert. Auch in unseren kreisangehörigen Kommunen ist die Haushaltslage angespannt. Vor diesem Hintergrund hat der Kreis auf die wirtschaftlichen Kräfte seiner Kommunen Rücksicht zu nehmen.
Zu Beginn der Haushaltsberatungen bei uns stand zwischen den Dezernaten ein millionenschwerer Mehraufwand im Raum. Dieser konnte durch gemeinsame Anstrengungen aller Dezernenten um 11 Mio. Euro gesenkt werden. Die verbleibenden 17 Mio. Euro Mehraufwand wurden durch den Einsatz der Ausgleichsrücklage und die Erhöhung der Kreisumlage in ungefähr gleicher Höhe aufgebracht. Die Nutzung der Ausgleichsrücklage erlaubt, den Kreisumlagehebesatz nur maßvoll anheben zu müssen.
Insgesamt gelingt dem Kreis – so meine Auffassung – eine angemessene Lastenverteilung zwischen den Kommunen und dem Kreis.
Meine sehr geehrten Damen und Herren Kreistagsabgeordnete,
vor uns liegt ein herausforderndes Jahr 2024. Der Haushaltsentwurf schafft dafür gute Voraussetzungen. Mit der Aufstellung des neuen Haushalts haben wir – wie ich meine – auf die aufgeworfenen Fragen angemessene Antworten gefunden.
Daher die klare Botschaft:
- Wir bleiben kurzfristig handlungsfähig.
- Wir investieren in die Zukunft unseres Kreises.
- Wir agieren finanziell solide und angemessen.
Bedanken möchte ich mich nun bei den Kolleginnen und Kollegen aus der Kämmerei. Sie haben in umsichtiger, manchmal mühevoller Arbeit sichergestellt, dass Ihnen, sehr geehrte Damen und Herren, dieses Zahlenwerk heute vorliegt. Stellvertretend für die Vielen danke ich Frau Rönicke.
Nun, liebe Damen und Herren Kreistagsabgeordnete, legen wir den Haushalt in Ihre Hände.
Abschließend wünsche ich Ihnen gute und konstruktive Beratungen, eine schöne Adventszeit und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.