Haushaltsrede 2025 von Landrat Hans-Jürgen Petrauschke
(es gilt das gesprochene Wort)
Sehr geehrte Abgeordnete,
sehr geehrte Damen und Herren!
Die Schwaben haben ja bekanntlich eine besondere Verbindung zum Geld. Manche nennen es Geiz, andere Sparsamkeit, auf jeden Fall aber wird ihnen ein, sagen wir mal: sehr bewusster Umgang damit nachgesagt. Es ist daher nicht verwunderlich, dass der einstige Oberbürgermeister von Stuttgart, Manfred Rommel, einmal durchaus spitzzüngig angemerkt hat: „Finanzpolitik – das ist die Auseinandersetzung zwischen jenen Leuten, die eine Mark haben und zwei ausgeben wollen, und jenen anderen, die wissen, dass das nicht geht.“
Wir im Rhein-Kreis Neuss wissen, dass das nicht geht. Zu einer vernünftigen Finanz- und damit Haushaltspolitik gehört, stets im Blick zu haben, was finanziell möglich und sinnvoll ist und wo man gegebenenfalls Abstriche machen muss. Da ist es bei uns im Rheinland ja nicht anders als im Ländle. Im Grunde gilt, was schon Friedrich der Große wusste: „Gute Verwaltung der Einnahmen und gute Regelung der Ausgaben: Das ist die ganze Finanzkunst.“
Der Rhein-Kreis Neuss beherzigt eine verantwortungsbewusste und zugleich zukunftsorientierte Haushaltsplanung. Das zeigt auch der vorliegende Etatentwurf.
Es ist unser Ziel, die Wirtschaftskraft und den Wohlstand in unserer Region nachhaltig weiter zu stärken. Das gelingt am besten, wenn wir im Kreistag gemeinsam engagiert daran arbeiten. Bei den großen Themen haben wir stets verantwortungsvolle Lösungen mit oft breiten Mehrheiten gefunden. Dafür bin ich dankbar, und ich hoffe, dass uns das auch zukünftig gelingt.
Auf unserer Tagesordnung steht heute die Einbringung des Haushalts für das Jahr 2025. Das umfangreiche Zahlenwerk zeigt, welche Schwerpunkte wir neben den gesetzlichen Pflichtaufgaben und Ausgaben setzen wollen, damit sich unser Kreis auch in Zukunft gut entwickelt. Ich werde mich auf wichtige Eckpunkte beschränken. Unser Kreiskämmerer Dr. Martin Stiller wird die Zahlen im Anschluss im Detail erläutern.
Es ist ein Haushaltsentwurf, der einerseits verdeutlicht, wie engagiert der Rhein-Kreis Neuss bei der Zukunftsgestaltung vorangeht. Andererseits ist es ein Etatentwurf, der auch die Folgen der vielen externen Faktoren, die auch auf unseren Kreis einwirken, widerspiegelt.
Es gibt Alarmsignale, die in Brüssel und Berlin dringend Gehör finden müssen. Insbesondere die Entwicklung der Wirtschaft bereitet mir große Sorgen. Bundesweit entwickelt sich die Konjunktur schlechter als in den meisten anderen Ländern der EU. Zu viel Bürokratie und zu hohe Standortkosten – insbesondere mit Blick auf die Energiekosten – lähmen die wirtschaftliche Entwicklung und bremsen die Investitionsbereitschaft der Unternehmen aus. Das schwächt den Wirtschaftsstandort Deutschland. Hier muss dringend gegengesteuert werden. Wir brauchen Bürokratieabbau, Verwaltung muss schlanker werden. Das Land geht mit seinem Entbürokratisierungs- und Beschleunigungspaket voran.
Das ist angesichts der wirtschaftlichen Entwicklung wichtig. Zumal noch gar nicht eingepreist ist, welche ökonomischen Risiken die Wiederwahl Donald Trumps zum US-Präsidenten für die deutsche Wirtschaft mit sich bringt. Auch die wirtschaftlichen Folgen der Kriege in der Ukraine und im Nahen Osten sind weiterhin deutlich spürbar, ein Ende ist leider nicht absehbar.
All das hat merkliche Folgen und schlägt auch auf die kommunalen Haushalte durch. Hinzu kommen steigende Sozialkosten, zunehmende Aufgaben, eine höhere Landschaftsumlage und weitere Faktoren. Ein Problem sind die starken Kostensteigerungen im Transfer- und Sozialbereich. Sie laufen davon, ohne dass wir dies beeinflussen können. In Summe führt dies zu einem Mehraufwand von rund 100 Millionen Euro im Vergleich zum Vorjahr. Die Aufwandssteigerung ist für unseren Kreis historisch. Eine so starke Aufwandssteigerung gab es noch nie.
Wir müssen unbedingt alle Sparpotenziale angehen und auch die interkommunale Zusammenarbeit nochmals angreifen. Die vor uns liegende Herausforderung gehen wir mit der gebotenen Wirtschaftlichkeit, Ausgewogenheit und Sparsamkeit und in einem starken Schulterschluss zwischen Kreis und Kommunen an. Dies bedeutet allerdings auch, dass wir die Kreisumlage von 32,2 auf 35,93 Prozentpunkte im Haushaltsentwurf anheben müssen.
Zugleich werden wir in dieser besonderen Situation und aus Solidarität zu den Kommunen an unsere Ausgleichsrücklage gehen. Sie wird schon im Entwurf in Höhe von rund 16,5 Millionen Euro in Anspruch genommen. Möglich ist dies dank unserer umsichtigen Finanzpolitik der vergangenen Jahre und des konsequenten Schuldenabbaus. Wir hoffen, dass im Laufe der Haushaltsberatungen die notwendige Anhebung der Kreisumlage noch reduziert werden kann.
In unserer Kreisverwaltung steht alles stets auf dem Prüfstand. Es werden alle Potenziale untersucht, um Kosten zu senken. Dabei haben wir immer im Blick, dass dies nicht zu Lasten der Bürgerinnen und Bürger und der nachfolgenden Generationen geht. Ihr Wohl und die Zukunftsfestigkeit des Kreises als Wirtschaftsstandort sowie der Erhalt der hohen Lebensqualität hier bei uns vor Ort ist für uns maßgeblich. Daher investieren wir auch weiter im Besonderen in die Infrastruktur für Soziales, Wirtschaft, Bildung, Gesundheit, Sicherheit, Verkehr und Klimaschutz.
Das vorliegende Zahlenwerk spiegelt die Anpassungen an die wirtschaftliche Situation und die aktuellen Herausforderungen wider. Ich appelliere auch an Sie, dies entsprechend in Ihren Haushaltsberatungen zu berücksichtigen.
Ein wesentliches Fundament für eine erfolgreiche Zukunft ist Bildung. Investitionen in diesem Bereich sind gut angelegtes Geld. Aus diesem Grund investiert der Rhein-Kreis Neuss auch weiter in seine Berufsbildungszentren und Förderschulen – dazu zählen Sanierung, Ausbau und Verbesserung der Ausstattung.
Zudem haben wir in diesem Jahr die Trägerschaft des Theodor-Schwann-Kollegs in Neuss übernommen und dies mit dem Erzbischöflichen Friedrich-Spee-Kolleg zu einem Weiterbildungsstandort zusammengeführt. Es ist unser Ziel, die Zahl der Bürgerinnen und Bürger ohne Schulabschluss weiter zu reduzieren und es den Menschen im Kreis zu ermöglichen, zusätzliche Qualifikationen zu erlangen. Dafür stellen wir entsprechende Finanzmittel zur Verfügung.
Um den Kreis zukunftsfest aufzustellen, bedarf es zugleich einer weiterhin starken und sowohl innovations- als auch investitionsfreudigen Wirtschaft. Mit unserer zukunftsorientierten Wirtschaftsförderung unterstützen wir die Unternehmen tatkräftig.
Unser Ziel ist es, auch bei neuen Herausforderungen einer der attraktivsten und wettbewerbsfähigsten Kreise in NRW und darüber hinaus in ganz Deutschland zu bleiben und langfristig Arbeits- und Ausbildungsplätze sowie Wertschöpfung im Rhein-Kreis Neuss zu sichern und zu erhöhen.
Wir sind dabei gut unterwegs. Das in diesem Jahr vorgelegte Mittelstandsbarometer hat gezeigt, dass rund neun von zehn Betrieben den Rhein-Kreis Neuss als ihren Unternehmensstandort schätzen. Die bereits ansässigen Unternehmen weiterhin so zu unterstützen, dass sie hier bei uns vor Ort weiter erfolgreich wirtschaften können, ist unabdingbar. Hinzu kommt, dass wir auch weiterhin Neuansiedlungen gezielt forcieren und zusätzliche Zukunftsbranchen zu uns in den Kreis holen müssen. Gerade die Strukturwandelflächen bieten erhebliche Potenziale.
Einen zusätzlichen Schub gibt uns dabei die geplante Ansiedlung von Microsoft im Rheinischen Revier. Wir haben dadurch deutlich mehr Ansiedlungsanfragen als im vergangenen Jahr. In Verbindung mit Hyperscale- und KI-Rechenzentren, Datendrehkreuzen und Digitalparks ist die Entwicklung unseres Kreises zu einer Digitalregion mit internationaler Strahlkraft das Ziel. In diesem Kontext treiben wir auch gemeinsam mit dem Land NRW und der Stadt Grevenbroich die Gestaltung des ehemaligen Kraftwerksgeländes in Frimmersdorf voran.
Auf einem guten Weg sind wir auch beim „Launchcenter für die Lebensmittelwirtschaft“: Für das Strukturwandelprojekt liegt der Förderbescheid vor. Damit kann die Umsetzung entscheidend vorangetrieben werden.
All das trägt wesentlich dazu bei, den Wohlstand in unserer Region zu erhalten und zu steigern. Zu den Grundlagen, dass die Menschen bei uns im Rhein-Kreis Neuss gut leben können, gehört aber auch die dauerhafte und flächendeckende Sicherung der medizinischen Versorgung und der Notfallversorgung für die Bevölkerung im gesamten Kreisgebiet. Ich bin froh, dass wir jetzt eine tragfähige Lösung gefunden haben, um die Zukunft des Rheinland Klinikums finanziell zu sichern.
Das geht einher mit dem Erhalt aller Standorte in Neuss, Grevenbroich und Dormagen. Mit dem Zukunftskonzept und den damit verbundenen, notwendigen Umstrukturierungen gehen wir die Herausforderungen, vor denen das Rheinland Klinikum steht, zielgenau an. Dafür allerdings werden wir im nächsten Jahr – und auch in den darauffolgenden – Geld in die Hand nehmen müssen. Im Haushaltsentwurf 2025 schlägt dies mit 17,6 Millionen Euro zu Buche.
Mit dem eingeschlagenen Weg wollen und werden wir das Rheinland Klinikum zukunftsfest aufstellen – und zwar im Sinne der Menschen, die bei uns im Kreis leben, und im Sinne der engagierten Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter, die im Rheinland Klinikum arbeiten und denen ich an dieser Stelle ein großes Dankeschön aussprechen möchte.
Anfang 2025 soll ein Fahrplan für die Umsetzung der geplanten Strukturreformen im Rheinland Klinikum stehen. Dieser Fahrplan wird derzeit erarbeitet. Dann muss es umgehend an die zielgerichtete Umsetzung gehen. Dabei werden die Gesellschafter, also der Kreis und die Stadt Neuss, die Geschäftsführung eng begleiten und unterstützen.
Zudem investieren wir in die öffentliche Sicherheit der Menschen im Rhein-Kreis Neuss. So wurden zusätzliche Stellen für die Kreisleitstelle geschaffen. Mehr als 16 Millionen Euro sind für den Rettungsdienst im Rhein-Kreis Neuss vorgesehen.
Der Schutz und die Sicherheit unserer Bürgerinnen und Bürger hat für den Kreis höchste Priorität. Deshalb werden wir auch die Pläne zum Neubau der Kreisleitstelle im Gesamtkonzept eines Bevölkerungsschutzzentrums weiter vorantreiben.
Auch das Thema Migration treibt uns weiter um. Um den Menschen, die zu uns kommen, bestmögliche Perspektiven zu bieten, leistet unser Kommunales Integrationszentrum wichtige Arbeit. Für Geflüchtete aus der Ukraine finanzieren wir das Projekt „Ankommen im Rhein-Kreis Neuss“.
Aber auch darüber hinaus gibt es viel zu tun. Der Kreis stockt das Personal in der Einbürgerung um sechs Stellen auf, um Pflichtaufgaben zu erledigen, die sich aus der Bundesgesetzgebung ergeben.
Zudem investiert der Kreis in mehr Personal in der Ausländerbehörde. Hier werden vier neue Stellen zur Verstärkung des Rückkehrmanagements geschaffen.
Neben unserer wirtschaftlichen, der bildungspolitischen und der gesundheitlichen Verantwortung sowie der Sicherheit nimmt der Rhein-Kreis Neuss natürlich auch seine soziale Verantwortung weiterhin wahr. Mit unserem Sozialen Handlungskonzept unterstützen wir auch im kommenden Jahr wieder viele Angebote und Projekte der Träger der Freien Wohlfahrtspflege im Kreisgebiet.
Im Bereich Kultur treiben wir die Umsetzung des Kultur- und Entwicklungsplans weiter voran. Die kulturellen Angebote in den kreiseigenen Kultureinrichtungen werden zudem inhaltlich weiterentwickelt, um auch in finanziell schwierigen Zeiten den gesamtgesellschaftlich relevanten Aufgaben im Bereich Bildung im Allgemeinen und bei der Ausbildung von Kindern und Jugendlichen im Besonderen nachzukommen.
Ebenfalls ein wichtiges Handlungsfeld ist die Umsetzung der Projekte aus dem beschlossenen Klimaschutzkonzept. Für den Haushalt wurden hierfür 250.000 Euro gemeldet.
Weitere wichtige Aufgaben stehen im nächsten Jahr an. Die öffentlich-rechtliche Vereinbarung zwischen der Stadt Neuss, den kreisangehörigen Städten und der Gemeinde Rommerskirchen, sowie dem Rhein-Kreis Neuss über die Zusammenarbeit auf dem Gebiet der Drogenhilfe aus dem Jahr 1994 wurde von der Stadt Neuss zum 31. Dezember 2024 gekündigt. Es ist unter Federführung des Kreises gelungen, mit allen Kommunen eine Anschlussvereinbarung zu schließen.
Der Rhein-Kreis Neuss wird damit zukünftig die Angebote im Bereich Hilfen und Prävention im Kampf gegen den Konsum und die Abhängigkeit von Drogen für den gesamten Kreis koordinieren und die Beauftragung und Überwachung der Angebote übernehmen. Dies ist ein gutes Beispiel interkommunaler Zusammenarbeit und spiegelt sich natürlich auch im Kreishaushalt wider.
Auch unsere Verkehrsinfrastruktur ist natürlich wichtig. Wir investieren weiter konsequent in die Wartung und den Erhalt der Straßen- und Radwege in unserer Zuständigkeit.
Den Autobahnanschluss Delrath treiben wir weiter voran. Der Erörterungstermin mit der Bezirksregierung Düsseldorf im November war dabei ein wichtiger Schritt. Wir haben die Notwendigkeit des Vorhabens aufgezeigt und hoffen, dass wir zeitnah einen Planfeststellungsbeschluss seitens der Bezirksregierung Düsseldorf bekommen.
In 2025 werden zudem die Weichen für eine neue Ausrichtung der Abfallwirtschaft gesetzt. Wir setzen damit den Kreistagsbeschluss um, dass wir den Weg zu mehr Recycling konsequent weitergehen. Darum wird die über 30 Jahre alte Wertstoffsortier- und Abfallbehandlungsanlage am Standort Neuss-Grefrath abgerissen. Wir gehen davon aus, dass wir in 2025 den Genehmigungsbescheid für den Neubau erhalten und in die Umbauphase starten.
Das alles ist gut angelegtes Geld, mit dem wir das Fundament für eine gute Zukunft unseres lebenswerten Kreises legen. Bei allen Herausforderungen, die vor uns liegen, gilt: Unser Kreis war immer stark und wird es auch bleiben. Dass er eine Erfolgsgeschichte ist, wird das nächste Jahr eindrucksvoll aufzeigen. Dann feiert unser Kreis sein 50-Jahr-Jubiläum.
In den gut vier Jahrzehnten, in denen ich in der Kreisverwaltung arbeite, hat er sich sehr gut entwickelt. Das macht nicht zuletzt die Zahl der sozialversicherungspflichtig Beschäftigten deutlich. Sie ist von 115.000 im Jahr 1984 über 125.000 im Jahr 2009 auf heute mehr als 161.000 gestiegen. Bei der Arbeitslosenquote steht unser Kreis mit 5,9 Prozent besser da als der Landesschnitt. Unsere Arbeitslosenquote entspricht dem Bundesschnitt.
Unseren Weg werden wir beherzt im Sinne der Menschen, die hier leben, fortsetzen und unseren Kreis in eine gute Zukunft führen.
Mein Dank gilt allen, die an der Aufstellung des Haushaltsentwurfs für 2025 beteiligt waren: Mitarbeiterinnen und Mitarbeitern, Amtsleiterinnen und Amtsleitern, den Dezernenten, unserem Kreisdirektor und ganz besonders unserer Kämmerei mit Kämmerer Dr. Martin Stiller und Amtsleiterin Christiana Rönicke.
Meine Damen und Herren, lassen Sie uns gemeinsam das Fundament dafür legen, dass unser Kreis seine Erfolgsgeschichte weiterschreibt. Dazu gehört, dass wir die Rahmenbedingungen für eine erfolgreiche Wirtschaft schaffen, den Strukturwandel beherzt gestalten, sozial und bürgernah bleiben – und dass wir unsere Arbeit immer an dem ausrichten, was uns ganz besonders am Herzen liegt: dem Wohl der Menschen, die hier bei uns zu Hause sind.
Damit übergebe ich nun das Wort an den Kreiskämmerer, der Ihnen die Details zu den Zahlen des Haushaltsentwurfs vorstellen wird, und danke Ihnen für Ihre Aufmerksamkeit.