EU und Japan erzielen Grundsatzeinigung über Wirtschaftspartnerschaftsabkommen
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Die Europäische Union und Japan haben eine grundsätzliche Einigung über die wesentlichen Elemente eines Wirtschaftspartnerschaftsabkommens erzielt. Auch wenn in manchen Kapiteln noch technische Details geklärt werden müssen, ist nach vierjährigen Verhandlungen für die Europäische Kommission der Weg für eines der weltweit größten Handelsabkommen mit einem speziellen Bekenntnis zum Pariser Klimaschutzabkommen geebnet. Die Grundsatzeinigung gaben der Präsident der Europäischen Kommission, Jean-Claude Juncker, Ratspräsident Donald Tusk und der japanische Premierminister Shinzo Abe auf dem EU-Japan-Gipfel am 06. Juli 2017 bekannt und sendeten damit direkt vor dem G20-Gipfel ein Zeichen für freien und fairen Handel. Zu der Einigung sagte Juncker: "Gemeinsam senden wir die klare Botschaft an die Welt, dass wir für offenen und fairen Handel stehen. Für uns gibt es keinen Schutz durch Protektionismus. Nur wenn wir Hand in Hand arbeiten, werden wir in der Lage sein, weltweit hohe Maßstäbe zu setzen. Das ist die Botschaft, die die EU und Japan morgen gemeinsam den Staats-und Regierungschefs der G20 übermitteln werden. Heute haben wir eine grundsätzliche Einigung über ein Wirtschaftspartnerschaftsabkommen erzielt, dessen Wirkung weit über unsere Grenzen hinausreicht. Mit diesem Abkommen bekennen sich die EU und Japan zu ihren gemeinsamen Werten und zur Einhaltung höchster Standards in Bereichen wie Arbeit, Sicherheit, Umwelt- und Verbraucherschutz. Indem wir Beschlüsse anvisieren, mit denen die Angemessenheit des Datenschutzniveaus geprüft und bestätigt wird, unterstreichen wir, wie wichtig es uns ist, das Grundrecht auf den Schutz personenbezogener Daten zu wahren".
Wirtschaftliche Vorteile des EU-Japan-Abkommens
Japan ist einer der größten Handelspartner der EU. Nach Auskunft der Europäischen Kommission bringt das Abkommen viele Vorteile:
- Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen beseitigt den Großteil der von EU-Unternehmen zu entrichtenden Zölle, die sich auf jährlich 1 Mrd. Euro belaufen.
- Es öffnet den japanischen Markt für wichtige Agrarausfuhren der EU und schafft in zahlreichen Branchen neue Geschäftsmöglichkeiten.
- Dabei werden höchste Standards in den Bereichen Arbeit, Sicherheit, Umwelt und Verbraucherschutz gesetzt.
- Öffentliche Dienstleistungen werden weiterhin vollumfänglich geschützt und es wird ein eigenes Kapitel über nachhaltige Entwicklung aufgenommen. So soll das Abkommen die Dienstleistungsmärkte für Finanzdienstleistungen, Telekommunikation, E-Commerce und Verkehr öffnen. Unternehmen aus der EU sollen Zugang zu den öffentlichen Ausschreibungen in 48 japanischen Großstädten erhalten.
- In Bezug auf den Schutz personenbezogener Daten wird auf den hohen Standards aufgebaut, die sowohl die EU als auch Japan erst kürzlich in ihren Datenschutzvorschriften verankert haben.
- Das Wirtschaftspartnerschaftsabkommen wird zu einer Steigerung der EU-Exporte führen und großen wie kleinen europäischen Unternehmen sowie Arbeitnehmern und Verbrauchern neue Chancen eröffnen. Der Wert der Ausfuhren aus der EU könnte nach Schätzung der Europäischen Kommission um einen Betrag von 20 Mrd. Euro steigen. Dadurch könnten mehr Möglichkeiten und Arbeitsplätze in zahlreichen Branchen der EU geschaffen werden, beispielsweise in der Landwirtschaft, bei Lebensmitteln, Lederwaren, Schuhen und Bekleidung, Arzneimitteln, Medizinprodukten und in anderen Bereichen.
- Davon werden besonders die deutschen Chemieunternehmen profitieren, für die Japan zu den größten Handelspartnern gehört. Laut des Verbands der Chemischen Industrie exportierten die deutschen Unternehmen in 2016 Chemikalien und Pharmazeutika für 4,3 Mrd. Euro nach Japan.
Bei den Agrarausfuhren aus der EU wird das Abkommen Folgendes bewirken:
- Beseitigung der Zölle für viele Käsesorten, wie Gouda und Cheddar (derzeitiger Zollsatz: 29,8 Prozent), aber auch für die Ausfuhr von Wein (durchschnittlicher Satz derzeit: 15 Prozent)
- Rindfleisch: erhebliche Steigerung der EU-Ausfuhren nach Japan;
- Schweinefleisch: zollfreie Ausfuhr von verarbeitetem Fleisch und nahezu zollfreie Ausfuhr von Frischfleisch
- Schutz von mehr als 200 hochwertigen europäischen Agrarerzeugnissen (sogenannte geografische Angaben, wie z. B. Lübecker Marzipan, Schwarzwälder Schinken) in Japan
Weitere Vorteile des Abkommens:
- Es öffnet außerdem die Dienstleistungsmärkte, insbesondere in den Bereichen Finanzdienstleistungen, E-Commerce, Telekommunikation und Verkehr
- Es stellt für EU-Unternehmen den Zugang zu den großen Beschaffungsmärkten Japans in 48 Großstädten sicher und beseitigt bestehende Hemmnisse bei der Vergabe öffentlicher Aufträge im wirtschaftlich bedeutenden Bereich der Eisenbahn auf nationaler Ebene
- Es schützt sensible Wirtschaftszweige der EU - etwa den Automobilsektor - durch Übergangsfristen bis zur Marktöffnung
Für die Europäische Kommission stärkt das Abkommen die Führungsrolle Europas bei der Gestaltung der Globalisierung und der Regeln des globalen Handelns.
Nach der Grundsatzeinigung müssen noch technische Details in einigen Kapiteln geklärt werden; außerdem gibt es nach Angaben der Europäischen Kommission auch Kapitel, die nicht unter die Grundsatzeinigung fallen, z.B. der Investitionsschutz. Die Europäische Kommission will auch im Rahmen dieses Abkommens das reformierte Investitionsgerichtssystem ins Spiel bringen und auf die Einrichtung eines multilateralen Investitionsgerichtshofs hinarbeiten. Vor diesem Hintergrund soll mit Japan bis zum Ende des Jahres eine endgültige Fassung des Abkommens erarbeitet werden. Nach einer endgültigen rechtlichen Prüfung wird das Abkommen in die 24 Amtssprachen übersetzt und danach den EU-Mitgliedstaaten und dem Europäischen Parlament zur Genehmigung vorgelegt.
Quelle und weitere Informationen:
- EU-Aktuell vom 06.07.2017
- EU-Nachrichten Nr. 12/2017 vom 13. Juli 2017
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