Europäische Kommission veröffentlicht Mitteilung zur Vertiefung der Wirtschafts- und Währungsunion
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Wie angekündigt, hat die Europäische Kommission aufbauend auf dem Bericht der Fünf Präsidenten vom Juni 2015 (siehe hierzu unter der Rubrik "EU-Aktuell" vom 25.06.2015 "Fünf EU-Präsidenten legen einen Plan für eine vertiefte und fairere Wirtschafts- und Währungsunion vor") am 31.05.2017 ein Diskussionspapier zur Vertiefung und Konsolidierung der Wirtschafts- und Währungsunion vorgelegt.
Zu Beginn ihrer Ausführungen stellt die Europäische Kommission fest, dass der Euro in vielerlei Hinsicht eine Erfolgsgeschichte ist. Der Vertrag von Maastricht ebnete den Weg zur Wirtschafts- und Währungsunion und zum Euro. Vor 15 Jahren sei die erste Münze in den Umlauf gebracht worden. Heute sei der Euro die Währung von 340 Mio. Bürgerinnen und Bürgern in 19 EU-Mitgliedstaaten, von den 10 in 2004 beigetretenen ost- und mittelosteuropäischen Ländern hätten in 2017 sieben den Euro bereits als Währung eingeführt. Der Euro habe Preisstabilität gebracht und sei die zweitwichtigste Währung der Welt. Nach schwierigen Jahren, bedingt durch die Wirtschafts- und Finanzkrise, sei der Euro auch heute wieder so populär bei den Europäerinnen und Europäern wie in 2004 (laut der letzten Eurobarometer-Umfrage befürworten 72% der EU-Bürgerinnen und Bürger den Euro).
Die immer noch in einigen Mitgliedstaaten schwelende Wirtschafts- und Finanzkrise habe in 2007/2008 ihren Anfang in den USA genommen und zu der schlimmsten Rezession in der sechzigjährigen Geschichte der EU geführt. Die seitens der EU-Organe und der EU-Mitgliedstaaten ergriffenen Maßnahmen hätten Wirkung gezeigt und zu einer Verbesserung der wirtschaftlichen und finanziellen Verhältnisse in Europa geführt.
Dennoch hätten die vielfältig durchgeführten Reformen noch keine endgültige wirtschaftliche Erholung gebracht und daher bedürfe es einer weiteren Reform des Euro-Währungsgebietes. Die Europäische Kommission betont, dass die Vollendung der WWU notwendig sei, um Arbeitsplätze, Wachstum, soziale Gerechtigkeit, wirtschaftliche Konvergenz und finanzielle Stabilität zu schaffen. Zugleich müsse der Währungsverbund für alle EU-Mitgliedstaaten offen bleiben. Zudem sei es das Ziel der Europäischen Kommission die Entscheidungsabläufe transparenter und demokratischer zu machen. Für die Zukunft der WWU sei es entscheidend, einen breiten politischen Konsens über den künftigen Kurs zu erzielen, der zugleich den anstehenden globalen Herausforderungen Rechnung trage, und gemeinsam einen Gesamtfahrplan mit klaren Zeitabläufen zu erarbeiten.
Die Europäische Kommission hält Maßnahmen in den drei folgenden Bereichen für notwendig:
1. Vollendung einer echten Finanzunion
Ein integriertes und gut funktionierendes Finanzsystem sei für eine wirksame und stabile WWU von entscheidender Bedeutung. Daher hat die Europäische Kommission, aufbauend auf den in den letzten Jahren erzielten Fortschritten, folgende Vorschläge und Pläne, die bis 2025 umgesetzt sein könnten:
- Vollendung der Bankenunion
- Fortschritte bei der Eindämmung und gemeinsamen Abfederung von Risiken im Bankensektor und Maßnahmen, die die Krisenfestigkeit der Banken weiter stärken
- Voranbringen der Kapitalmarktunion, um für die Realwirtschaft vielfältigere und innovative Finanzierungsmöglichkeiten auch über die Kapitalmärkte zu eröffnen
2. Ein stärker integrierte Wirtschafts- und Fiskalunion
Bereits im Bericht der fünf Präsidenten werde anerkannt, dass die Konvergenz in widerstandsfähigen wirtschaftlichen und sozialen Strukturen in den Mitgliedstaaten ein wesentliches Element für den langfristigen Erfolg der WWU sei. Die Europäische Kommission schlägt hier vorsichtig vor,
- dass die Mitgliedstaaten die bereits bestehenden Strukturen wie das "Europäische Semester der wirtschaftspolitischen Koordinierung" und die Verknüpfung von finanzieller Unterstützung aus dem EU-Haushalt mit Strukturreformen im eigenen Land stärken könnten
- dass die Mitgliedstaaten festlegen könnten, die Kapazität zur makroökonomischen Stabilisierung des Eurogebietes zu verbessern
Zur Umsetzung dieser Vorschläge bietet das Papier der Europäischen Kommission verschiedene Optionen an.
3. Die Verankerung demokratischer Rechenschaftspflicht und die Stärkung der Institutionen des Euroraums
Eine stärkere WWU lässt sich nach Überzeugung der Europäischen Kommission nur erreichen, wenn die Mitgliedstaaten bereit seien, Angelegenheiten des Euro-Währungsgebietes innerhalb eines gemeinsamen Rechtsrahmens zu regeln und damit mehr Verantwortung zu teilen und Entscheidungen gemeinsam zu treffen. Als mögliche Regelungsoptionen könnten die EU-Verträge und - Institutionen genutzt oder ein zwischenstaatlicher Ansatz verfolgt werden; es sei auch möglich, beide Ansätze miteinander zu verbinden. Die weitere Entwicklung könnte auch zu einer Kompetenzveränderung bzw. -verteilung zwischen der Europäischen Kommission und dem Euroraum führen. Bereits in früheren Vorschlägen hatte die Europäische Kommission u.a. folgende Punkte genannt:
- Ernennung eines ständigen hauptamtlichen Vorsitzes und damit die Vereinheitlichung der Außenvertretung ("Mr. /Mrs. Euro")
- Einrichtung eines Schatzamtes für den Euro, verbunden möglicherweise mit einem eigenen Haushalt für den Euroraum
- Die Einrichtung eines Europäischen Währungsfonds
Die Europäische Kommission betont ausdrücklich, dass das Reflexionspapier als Aufruf an die Allgemeinheit gedacht ist, zu den Vorschlägen Stellung zu nehmen und selbst Vorschläge und Ideen einzubringen. Wenn Sie Interesse haben sollten, sich zu diesem Themenkomplex zu äußern, finden Sie hier alle notwendigen Informationen.
Quelle und weitere Informationen:
- EU-Aktuell vom 31.05.2017
Wichtiger Hinweis: Sie sehen eine Archivseite. Diese Informationen geben den Stand des Veröffentlichungstages wieder (20.06.2017) und sind möglicherweise nicht mehr aktuell.