EU und Großbritannien verhandeln weiter über ein Abkommen – Europäische Kommission legt Notfallmaßnahmen vor
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Großbritannien ist am 31. Januar 2020 aus der EU ausgetreten, dennoch gilt gemäß des beiderseitig geschlossenen Vertrages eine Übergangsfrist bis zum 31.12.2020, währenddessen die Regeln und Vorgaben des EU-Binnenmarktes weiter für Großbritannien gelten. In diesem Abkommen werden auch die Rechte der EU-Bürger/innen im Vereinigten Königreich gesichert. Für das Ende der Übergangszeit hatten die EU und Großbritannien vereinbart, ein Abkommen zur Regelung der zukünftigen Beziehungen abzuschließen. Aufgrund schwieriger Verhandlungen konnte die ursprünglich gesetzte Frist (31.10.2020) für den Abschluß nicht eingehalten werden. Nach zwei Telefonaten und einem Treffen in Brüssel zwischen Kommissionspräsidentin von der Leyen und dem britischen Premier Boris Johnson wurde jedoch beschlossen, weiter zu verhandeln, in der Hoffnung, doch noch rechtzeitig vor Jahresende ein Abkommen abschließen zu können.
Da die Europäische Kommission aber ernste Zweifel hegt, dass die Verhandlungen noch vor Ende Dezember 2020 zu einem Ende finden bzw. das neue Abkommen rechtzeitig in Kraft treten kann, hat sie am 10.12.2020 Notfallmaßnahmen beschlossen bzw. vorgeschlagen, die dafür sorgen sollen, dass die grundlegenden Luft- und Straßenverkehrsverbindungen zwischen der EU und dem Vereinigten Königreich offen bleiben und die Schiffe gegenseitigen Zugang zu den Fanggebieten haben. Sollte ein Abkommen zustande kommen, könnten die Notfallmaßnahmen nach einer gewissen Zeit wieder auslaufen.
Die Europäische Kommission betont, dass sie wiederholt an alle Interessenträger in allen Sektoren appelliert hat, sich auch auf einen No-Deal einzustellen und entsprechende Maßnahmen zur Sicherstellung der eigenen grenzüberschreitenden Geschäftsbeziehungen zu ergreifen. Sie selbst hatte umfangreiche Unterstützung angeboten:
- Es wurden fast 100 branchenspezifische Leitlinien in allen Amtssprachen der EU mit detaillierten Informationen darüber veröffentlicht, was Behörden, Unternehmen und Privatpersonen unternehmen müssen, um sich auf die Veränderungen zum Jahreswechsel vorzubereiten.
- Im Rahmen einer virtuellen „Hauptstädtetour“ erörtert die Europäische Kommission seit Juli mit den Mitgliedstaaten ihre jeweiligen Vorbereitungspläne.
- In den letzten Monaten hat die Europäische Kommission eine Reihe von Informationskampagnen gestartet und ihre Kontakte mit den Interessenträgern intensiviert: Sie bot Schulungen und Beratungen für die Verwaltungen der Mitgliedstaaten an und wird auch weiterhin sektorspezifische Seminare auf technischer Ebene mit allen Mitgliedstaaten veranstalten, um zu einer besser aufeinander abgestimmten Umsetzung der Vorbereitungsmaßnahmen beizutragen, insbesondere im Bereich der Grenzübertrittskontrollen bei Personen und Gütern.
Allerdings weiß die Kommission, dass einige Sektoren unverhältnismäßig stark betroffen wären und nicht auf geeignete Alternativlösungen ausweichen könnten bzw. die Akteure keine Abhilfemaßnahmen ergreifen könnten. Um erhebliche Beeinträchtigungen abzumildern, wurden folgende vier Notfallmaßnahmen vorgeschlagen:
- Grundlegende Anbindungen im Luftverkehr: einen Vorschlag für eine Verordnung, mit der bestimmte Luftverkehrsdienste zwischen dem Vereinigten Königreich und der EU für einen Zeitraum von sechs Monaten gewährleistet werden sollen, sofern das Vereinigte Königreich dasselbe garantiert;
- Flugsicherheit: einen Vorschlag für eine Verordnung, mit der sichergestellt werden soll, dass verschiedene Produktsicherheitsbescheinigungen in EU-Luftfahrzeugen nahtlos weiter verwendet werden können, damit diese Luftfahrzeuge nicht am Boden bleiben müssen;
- Grundlegende Anbindungen im Straßenverkehr: einen Vorschlag für eine Verordnung zur Gewährleistung grundlegender Verbindungen sowohl im Güter‑ als auch im Personenkraftverkehr für einen Zeitraum von sechs Monaten, sofern das Vereinigte Königreich den EU-Kraftverkehrsunternehmern dasselbe garantiert;
- Fischerei: einen Vorschlag für eine Verordnung für den weiteren gegenseitigen Zugang von Schiffen der EU und des Vereinigten Königreichs zu Fanggebieten in den Gewässern der jeweils anderen Partei nach dem 31. Dezember 2020. Der Rechtsrahmen soll bis zum 31. Dezember 2021 oder – sofern vorher ein Fischereiabkommen mit dem Vereinigten Königreich geschlossen wird – bis zum Abschluss eines solchen Abkommens gelten. Um die Nachhaltigkeit der Fischerei zu gewährleisten und da die Fischerei für die wirtschaftliche Existenz vieler Gemeinschaften von großer Bedeutung ist, müssen die Genehmigungsverfahren für Fischereifahrzeuge vereinfacht werden.
Wichtiger Hinweis: Sie sehen eine Archivseite. Diese Informationen geben den Stand des Veröffentlichungstages wieder (14.12.2020) und sind möglicherweise nicht mehr aktuell.