"EU Garant für Freiheit und Frieden"- Gemeinsame Veranstaltung des Ministeriums für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien des Landes Nordrhein-Westfalen und des Rhein-Kreises Neuss mit seinem Europe Direct Informationszentrum Mittlerer Niederrhein zu
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Am 25. Mai 2014 sind ca. 375 Mio. Bürgerinnen und Bürger in den 28 EU-Mitgliedstaaten aufgerufen, über die Europaabgeordneten in ihrer jeweiligen Region zu entscheiden. In Deutschland sind über 62 Millionen Menschen wahlberechtigt. Umfragen zeigen jedoch, dass viele EU-Bürger nicht genau wissen, welch starke Stellung das Europäische Parlament inzwischen im Gefüge der EU-Institutionen hat.
So hatten NRW-Europa-Ministerin Dr. Angelica Schwall-Düren und Landrat Hans-Jürgen Petrauschke im Vorfeld zu den Europawahlen 2014 gemeinsam zu einem Informations- und Diskussionsabend ins Kreishaus Neuss eingeladen. In Vertretung für die Ministerin konnte Landrat Petrauschke dazu Dr. Marc Jan Eumann, NRW-Staatssekretär für Bundesangelegenheiten, Europa und Medien, begrüßen, der das besondere Europa-Engagement des Kreises lobte: "Der Rhein-Kreis Neuss gehört ganz klar zu den Aktiv-Posten beim Thema Europa in NRW". Dies habe das Land 2013 auch mit der Auszeichnung als "Europaaktive Kommune" gewürdigt. Im Hinblick auf die Europawahlen machte Herr Eumann deutlich, dass viele Vorteile selbstverständlich hingenommen würden (Reisen, Studieren, Arbeiten und Leben in einem anderen EU-Mitgliedsland). Hierzu gehöre auch, dass Europa in Frieden lebe. Im Jahr 2014, hundert Jahre nach Ausbruch des 1. Weltkrieges, müsse aber auch deutlich werden, dass Frieden in Europa nicht selbstverständlich sei und immer wieder erkämpft werden müsse. In Europa sei sicher nicht alles ideal, aber die Bürgerinnen und Bürger hätten im Mai durch die Nutzung ihres Wahlrechts eine entscheidende Chance, auf die anstehenden Entscheidungen in Europa Einfluss zu nehmen.
Zu Beginn seiner Begrüßung dankte Landrat Petrauschke der Europaministerin und der Europäischen Kommission für die ideelle und finanzielle Unterstützung der Europaveranstaltung. Mit Blick auf die jungen und Erstwähler bei der Europawahl betonte Landrat Petrauschke, dass dieser Generation "Freiheit, Frieden und Freizügigkeit" als selbstverständlich erscheinen müsse, weil sie es zum Glück nicht anders kennen würde. Aber erst die Europäische Union sei der Garant dafür. Das würde im Gedenkjahr zu Hundert Jahre Ausbruch des Ersten Weltkriegs, 75 Jahre Ausbruch des Zweiten und 25 Jahre Fall der Mauer besonders in Erinnerung gerufen.
Auch für den Rhein-Kreis Neuss sei Europa wichtig, viele Entscheidungen der EU-Organe hätten direkten Einfluss auf die Wirtschaft und die Arbeitsplätze in der Region, daher nehme der Rhein-Kreis Neuss als Europaaktive Kommune seine Verantwortung wahr und engagiere sich über alle Ebenen für die strategisch wichtigen Bereiche wie z.B. die Energie- und Förderpolitik der EU.
Zum Abschluss seiner Rede appellierte er an die Bürgerinnen und Bürger in der Region Mittlerer Niederrhein, insbesondere aber an die jungen Menschen, am 25. Mai wählen zu gehen. Die Lebensbedingungen in Europa seien heute besser denn je, daher sei es wichtig, durch die eigene Stimmabgabe ein Signal zur Bewahrung der großen Vorteile zu setzen und damit gleichzeitig zu verhindern, dass die europafeindlichen Kräfte im Europäischen Parlament zu stark werden.
Über die konkrete Arbeit im Europäischen Parlament berichtete den Besuchern im Kreishaus der langjährige Europaabgeordnete der region Niederrhein, Karl-Heinz Florenz und ging in seinem Vortrag der Frage nach: "Wo wollen wir hin in Europa?". Zu Beginn seiner Ausführungen lobte Herr Florenz Europa als Langläufer der Friedenssicherung und kritisierte das Europa oft unbeliebt sei, weil es angeblich zu teuer sei und zu viel Bürokratie verursache. Herr Florenz verwies in diesem Zusammenhang darauf, dass Deutschland im vergangenen Jahr 10-12 Mrd. € Nettokosten für seine Mitgliedschaft in der Europäischen Union entstanden seien, aber 48 Mrd. € in die neuen Bundesländer transferiert wurden, was sehr deutlich mache, dass mit sparsamen Finanzmitteln viel Gutes für die Bürgerinnen und Bürger in den 28 Mitgliedstaaten erreicht worden sei. Auch der oft erhobene Vorwurf der Bürokratie sei bei genauem Hinsehen nicht korrekt, die EU habe in den vergangenen Jahren 150.000 Reglungen durch 19.000 ersetzt.
Für die Zukunft sei es für die Europäische Union von entscheidender Bedeutung, Kompetenzen in der Außenpolitik aufzubauen - dies habe die Ukraine-Krise deutlich gemacht - und eine einheitliche Flüchtlings- und Asylpolitik zu entwickeln. Nach jüngsten Schätzungen seien 100 Mio. Menschen weltweit auf der Flucht; die schrecklichen Geschehnisse in der jüngsten Vergangenheit vor der italienischen Insel Lampedusa hätten mehr als deutlich gemacht, dass gezielte europäische Aktionen möglich und notwendig und hier eine Kooperation mit den USA hilfreich seien. Im Hinblick auf die jüngsten Kritiken zum Freihandelsabkommen EU-USA, sagte Herr Florenz, dass Streit normal sei; für die Europäische Union sei wichtig, dass sie an eigenen Richtlinien festhalte und nannte hier als Beispiel die REACH-Verordnung, die den Umgang mit gefährlichen Stoffen regele und zurzeit gerade fortgeschrieben werde.
Der Leiter der Regionalen Vertretung der Europäischen Kommission in Bonn, Dr. Stephan Koppelberg, gab einen Überblick über die entscheidenden Kompetenzen und Aufgaben des Europäischen Parlaments; so sei das Europäische Parlament nach dem Vertrag von Lissabon in den allermeisten Fällen gleichberechtigter Gesetzgeber mit den EU- Ministerräten, dies bedeute, dass kein "Gesetz" ohne seine Zustimmung zustande kommen könne. Das Europäische Parlament habe zudem größere Rechte denn je in der Verhandlung und Verabschiedung des jährlichen Haushalts und des Mehrjährigen Finanzrahmens; ohne die Unterschrift des Präsidenten des Europäischen Parlaments erlange kein Haushalt rechtliche Gültigkeit. Außerdem wähle das Europäische Parlament die Kommissare und den Präsidenten der Europäischen Kommission, wodurch das Gremium insgesamt demokratisch legitimiert sei. Zu dem oft geäußerten Bürokratievorwurf verwies Herr Dr. Koppelberg darauf, dass jedes "EU-Gesetz" 28 nationale Reglungen ersetze; im Übrigen würden viele Nicht-EU-Länder die getroffenen Regelungen freiwillig übernehmen. In diesem Zusammenhang machte er zudem deutlich, dass viele EU-Regelungen auf nationale Initiativen der Mitgliedstaaten zurückgingen und nannte als Beispiele die Regelungen zum Glühbirnenersatz, zur Gurkenkrümmung und zu den Traktorensitzen. Ganz unabhängig von diesen Diskussionen seien viele Probleme und Herausforderungen aber national nicht mehr zu lösen und bedürften einer europaweiten Lösung, daher seien EU-weite Regelungen gerechtfertigt.
Zu der Frage was die Stimme des Einzelnen zähle, verwies Herr Dr. Koppelberg auf das Urteil des Bundesverfassungsgericht vom Februar 2014; dieses habe die 3%-Klausel für verfassungswidrig erklärt und damit jeder Stimme in Deutschland das gleiche Gewicht bei der Wahl der Europaabgeordneten gegeben.
Eine lebendige Diskussionsrunde über Wirkung, Erfolge und Weiterentwicklung des Europäischen Parlaments bildete den Abschluss des von WDR-Hörfunkredakteurin Beate Kowollik moderierten Abends. Zu der Abschlussfrage, wohin Europa in den kommenden Jahren steuern solle, wünschte sich Herr Dr. Koppelberg mehr Vertrauen der Bürger zu Europa und eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik. Staatssekretär Eumann wünschte sich eine regionenfreundliche Politik von Europäischer Kommission und Europäischen Parlament und Landrat Petrauschke wünschte sich für die Zukunft die Sicherung des Friedens, die Erhaltung der Vielfalt und eine dosierten Umgang mit EU-Regelungen.
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