Die Konferenz zur Zukunft Europas wurde am Europatag feierlich im Europäischen Parlament eröffnet – Bürger/innen sollen sich aktiv in die Diskussion um die Zukunft der EU einbringen
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Am 09. Mai 2021 wurde im Europäischen Parlament in Straßburg im Rahmen einer feierlichen Veranstaltung die Konferenz zur Zukunft Europas eröffnet. In ihren Ansprachen betonten der französische Präsident Emmanuel Macron, der Präsident des Europäischen Parlaments David Sassoli, der portugiesische Premierminister Antonio Costa und Kommissionspräsidentin Ursula von der Leyen, die lange und erfolgreiche Einigungsgeschichte Europas, die sich auch immer wieder durch entscheidende Einflüsse aus Politik und Gesellschaft neu ausgerichtet habe. Denn Geschichte sei nicht linear und für neue Situationen und Krisen mussten immer wieder neue Auswege und Lösungen gefunden werde, betonte Costa in seiner Rede, so sei seinerzeit das Schengensystem entstanden und der Euro eingeführt worden. Im Angesicht der COVID-19-Pandemie, die wirtschaftliche und soziale Spuren in Europa hinterlassen habe, gehe es mit dem heutigen Start der Debatte der Konferenz zur Zukunft Europas auch darum, das Vertrauen der Bürger/innen in die EU und ihre Zukunft zu stärken, um gleichzeitig nach ihren Wünschen und Hoffnungen und vor allem den Zukunftsthemen zu fragen; vor allem auch die jungen Menschen seien gefragt, sich einzubringen und ihre Träume zu definieren, denn ohne die Jugend habe Europa keine Zukunft, betonte Costa. Dabei sei aber notwendig direkt zu Beginn des Diskussionsprozesses zu betonen, dass die allgemeinen Werte der EU (z.B. Rechtsstaatlichkeit, Freiheit im EU-Binnenmarkt) weiter Bestand haben müssten, ganz deutlich sei bereits im Vorfeld der Konferenz geworden, dass sich die große Mehrheit der EU-Bürger/innen eine soziale Union wünschten, neben den großen Zukunftsthemen Klima- und Umweltschutz, Gesundheit sowie die Regelung der Migration in Europa. Costa schloss seine Rede mit dem Appell, dass Europa eine fortschreitende Verpflichtung habe, seine eigene Zukunft zu gestalten und dies müsse gemeinsam mit seinen Bürger/innen erfolgen.
Kommissionspräsidentin von der Leyen begann ihre Rede mit dem Hinweis, dass Straßburg ein besonderer Platz für die Zukunft Europas; das heutige Europa habe die Verpflichtung, eine bessere Welt an ihre Kinder und Enkelkinder zu übergeben. Die Konferenz zur Zukunft Europas richte sich an alle Europäer/innen aus allen EU-Mitgliedstaaten, allen gesellschaftlichen Gruppen, es gehe bei der gemeinsamen Findung der Zukunftsthemen nicht um einen politischen und intellektuellen Wettbewerb, sondern darum, allen Stimmen zuzuhören und Geltung zu verschaffen. Die kommende Zeit sei daher eine Chance Europas vielfältige Stimmen zusammenzubringen für die gemeinsame Formulierung von Interessen und von Lösungsansätzen für die großen Zukunftsthemen Europas. Die COVID-19-Krise habe gezeigt, dass kein Staat alleine diese Dimension an Herausforderungen lösen könne, sondern nur gemeinsam Sicherheit und Fortschritt möglich sei, vor allem auch junge Menschen seien gefragt, sich mit ihren Wünschen und Hoffnungen einzubringen. zu finden. Von der Leyen schloss ihre Rede wieder mit einem Zitat von Saint-Expury, der gesagt habe, es ei die schönste Aufgabe, Menschen zusammenzubringen.
Die Konferenz in der Praxis
Die Präsidentin der Europäischen Kommission, Ursula von der Leyen, hatte in ihren Politischen Leitlinien in 2019 unter der Überschrift „Neuer Schwung für die Demokratie in Europa“ die Konferenz zur Zukunft Europas angekündigt. Ziel der Konferenz ist, die Anliegen, Wünsche, Kritik und Vorschläge der Bürger/innen für die Gestaltung der politischen Zukunft Europas zu erfahren und ein öffentliches Forum zu schaffen, auf dem sich alle interessierten Bürger/innen zu den dort genannten, aber auch zusätzlich zu von ihnen selbst benannten Themen austauschen können. Die Themen und Meinungen der Bürger/innen sollen in die politische Arbeit der EU-Organe einfließen und damit in die konkrete Schaffung des Europas von morgen eingehen.
Über die am 19. April 2021 frei geschaltete in allen 24 Amtssprachen verfügbare online-Plattform (Conference on the Future of Europe (europa.eu), können Ideen zu folgenden Themen eingebracht werden: Spitzenkandidatensystem und länderübergreifende Listen für die nächsten Wahlen zum Europäischen Parlament 2024, Klimawandel und Umwelt, Gesundheit, eine stärkere Wirtschaft, soziale Gerechtigkeit und Beschäftigung, die EU in der Welt, Werte und Rechte, Rechtsstaatlichkeit, Sicherheit, Digitaler Wandel, Demokratie in Europa, Migration, Bildung, Kultur, Jugend und Sport. Diese Themen stimmen mit den EU-Prioritäten und den von den EU-Bürger/innen in den Eurobarometer-Umfragen angesprochenen Themen überein. Zusätzlich bietet die Plattform die Möglichkeit, außerhalb der genannten Bereiche eigene Ideen und Themen unter der Rubrik „weitere Ideen“ einzubringen. Voraussetzung ist eine jeweilige Anmeldung für jedes Themengebiete.
Auf der Eingangsseite der online-Plattform sind unter der Rubrik „An einer Veranstaltung teilnehmen“ die gerade laufenden oder geplanten Veranstaltungen aufgeführt, außerdem besteht die Möglichkeit, selber eine Veranstaltung durchzuführen, die angemeldet werden kann.
Daneben sollen in 2021 vier Bürgerversammlungen mit zufällig ausgewählten Bürger/innen nach einem bestimmten repräsentativen Schlüssel (235 Bürger/innen pro Versammlung) zu ausgewählten Themen stattfinden. Um die Jugend, wie versprochen, entsprechend zu berücksichtigen, werden in jeder Bürgerversammlung ein Drittel der Eingeladenen junge Menschen zwischen 16 und 25 Jahren sein. Die vier Bürgerversammlungen werden von der Europäischen Kommission finanziert, übertragen und alle online-Beiträge veröffentlicht.
Ein Exekutivausschuss, in dem alle drei EU-Organe vertreten sind und in dem die nationalen Parlamente Beobachterstatus haben, wird die Konferenz begleiten, d.h. die Ideen auswerten und Schlussfolgerungen für den Vorsitz und die Plenarversammlung der Konferenz vorbereiten. In einer gemeinsamen Erklärung hatten sich die drei EU-Organe verpflichtet, nach den Debatten mit den EU-Bürger/innen bis zum Frühjahr Schlussfolgerungen bis zum Frühjahr 2022 zu erarbeiten. Die Konferenz steht unter der Schirmherrschaft der drei EU-Organe. Ob die Schlußfolgerungen zu einer möglichen Änderung des Vertrags von Lissabon führen, ist zum jetzigen Zeitpunkt unklar, viele EU-Mitgliedstaaten stehen diesem Anliegen skeptisch gegenüber.
Die Europäische Kommission hat nicht ausgeschlossen, dass die online-Plattform im Hinblick auf die Wahlen zum Europäischen Parlament in 2024 auch nach 2022 weiter existiert.
Wichtiger Hinweis: Sie sehen eine Archivseite. Diese Informationen geben den Stand des Veröffentlichungstages wieder (10.05.2021) und sind möglicherweise nicht mehr aktuell.