Europäische Kommission setzt neue Leitziele für ein soziales Europa bis 2030
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Die Europäische Kommission hat am 04. März 2021 einen Aktionsplan vorgestellt, der die 20 Grundsätze der Säule der sozialen Rechte in konkrete Handlungsschritte umsetzen soll; die Bereiche Beschäftigung, Qualifikation und Sozialschutz gehören zu den drei Kernzielen, für die folgende Ziele bis 2030 gesetzt werden:
- Mindestens 78 Prozent der 20-64-jährigen sollen in einem Arbeitsverhältnis sein
- Mindestens 60 Prozent der Erwachsenen sollen jedes Jahr an einer Bildungsmaßnahme teilnehmen
- Die Anzahl der von Armut und sozialer Ausgrenzung bedrohten Menschen soll um mindestens 15 Millionen reduziert werden.
Die Europäische Kommission betont ausdrücklich, dass die neuen Kernziele für 2030 im Einklang mit den Zielen der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung stehen und das gemeinsame Ziel für den Aufbau eines starken sozialen Europas definierten. Zusammen mit einem überarbeiteten sozialpolitischen Scoreboard (Punktetabelle) sollen sie die Kommission in die Lage versetzen, die Fortschritte der EU-Mitgliedstaaten im Rahmen des Europäischen Semesters zu verfolgen.
Die Europäische Kommission will, dass in einer gemeinsamen Kraftanstrengung mit den Mitgliedstaaten, den Sozialpartnern und der Zivilgesellschaft der Aktionsplan zu einer nachhaltigen und krisenfesten Erholung nach der Pandemie beiträgt. Der Aktionsplan biete die Chance, das europäische soziale Regelwerk auf den neuesten Stand zu bringen und zugleich die Veränderungen durch neue gesellschaftliche, technologische und wirtschaftliche Entwicklungen und die sozioökonomischen Folgen der Pandemie erfolgreich zu meistern. Die Europäische Kommission weist daraufhin, dass sie bereits mit der Umsetzung der Grundsätze der Säule in konkrete Maßnahmen begonnen und im Jahr 2020 Initiativen wie z.B. die Förderung der Jugendbeschäftigung und angemessene Mindestlöhne, vorgeschlagen habe.
Die notwendige finanzielle Unterstützung für die Umsetzung des Aktionsplans soll vom neuen Mehrjährigen Finanzrahmen (2021 – 2027) und dem europäischen Aufbauplan NextGenerationEU kommen.
Förderung wirksame aktive Beschäftigungsförderung
Als konkrete Maßnahme im Rahmen des Grundsatzes 4 der Säule stellte die Europäische Kommission eine Empfehlung zu einer wirksamen aktiven Beschäftigungsförderung (EASE) nach der COVID-19-Krise vor. Mit dieser Empfehlung bietet die Kommission den Mitgliedstaaten konkrete Orientierungshilfe zu politischen Maßnahmen, einschließlich Hinweisen auf EU-Finanzierungsmöglichkeiten, für den schrittweisen Übergang von Notmaßnahmen, die zum Erhalt von Arbeitsplätzen in der derzeitigen Krise ergriffen wurden, hin zu neuen Maßnahmen, die für eine beschäftigungsintensive Erholung nötig sind. Ziel der Empfehlung ist die Schaffung von Arbeitsplätzen und der Beschäftigungsübergang von schrumpfenden in expandierende Branchen, insbesondere den digitalen und den grünen Sektor. Diese neuen Maßnahmen sollen drei Elemente umfassen:
- Einstellungsanreize und Unterstützung des Unternehmertums;
- Weiterbildungs- und Umschulungsmöglichkeiten;
- verbesserte Unterstützung durch Arbeitsvermittlungsdienste.
Für die Finanzierung ihrer EASE-Maßnahmen könnten die EU-Mitgliedstaaten auch EU-Mittel in Anspruch nehmen, unter anderem aus der Aufbau- und Resilienzfaszilität und dem Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+).
Hintergrund
Die Präsidenten der Europäischen Kommission, des Europäisches Parlaments und des Europäischen Rats haben auf dem Göteborger Gipfel am 17.11.2017 die europäische Säule sozialer Rechte proklamiert. Die Säule umfasst 20 zentrale Grundsätze und Rechte, die im 21. Jahrhundert für faire und gut funktionierende Arbeitsmärkte und Sozialsysteme unerlässlich sind. Die Säule ist in drei Kapitel strukturiert:
- Chancengleichheit und Zugang zum Arbeitsmarkt;
- faire Arbeitsbedingungen;
- Sozialschutz und soziale Inklusion.
Die Kommission hat bereits einige von der Säule abgeleitete Maßnahmen vorgelegt, unter anderem:
- Die Europäische Kompetenzagenda (Grundsatz 1),
- Die EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter (Grundsatz 2),
- Den EU-Aktionsplan gegen Rassismus (Grundsatz 3),
- Ein Paket zur Förderung der Jugendbeschäftigung (Grundsatz 4) und
- Einen Vorschlag für eine Richtlinie über angemessene Mindestlöhne (Grundsatz 6).
Neben dem Aktionsplan zur europäischen Säule hat die Europäische Kommission in derselben Woche auch einen Vorschlag für eine Richtlinie zur Lohntransparenz (Grundsatz 2) und eine neue Strategie für die Rechte von Menschen mit Behinderungen 2021-2030 (Grundsatz 17) angenommen.
Als weitere EU-Maßnahmen im Jahr 2021 sind unter anderem geplant:
- Die Europäische Kindergarantie (Grundsatz 11),
- Ein neuer strategischer Rahmen für Gesundheit und Sicherheit am Arbeitsplatz (Grundsatz 10),
- Eine Initiative zur Verbesserung der Arbeitsbedingungen von Menschen, die über digitale Arbeitsplattformen arbeiten (Grundsätze 5 und 12) sowie
- Ein Aktionsplan für die Sozialwirtschaft.
Dieser Aktionsplan ist auch das Ergebnis einer breit angelegten öffentlichen Konsultation, in deren Verlauf über 1.000 schriftliche Beiträge von Mitgliedstaaten, Organen und Einrichtungen der EU, Regionen, Städten, Sozialpartnern, zivilgesellschaftlichen Organisationen, internationalen Organisationen, Denkfabriken sowie Bürgerinnen und Bürgern eingegangen sind. Außerdem hat die Kommission spezielle Webinare mit mehr als 1.500 einzelnen Interessenträgern durchgeführt.
Der Aktionsplan zur europäischen Säule ist der Beitrag der Europäischen Kommission zum Sozialgipfel in Porto. Kommissionspräsidentin von der Leyen und der portugiesische Premierminister Coata hatten am 18.01.2021 zu einem Sozialgipfel nach Porto eingeladen, den der portugiesische EU-Ratsvorsitz am 07. und 08. Mai 2021 organisiert; dieser wird den Fokus darauf legen, wie die soziale Dimension Europas gestärkt werden kann, um die Herausforderungen im Hinblick auf eine faire, inklusive und stabile Erholung sowie den ökologischen und digitalen Wandel zu bewältigen. Der Gipfel beinhaltet für die Europäische Kommission die Chance, Kräfte zu vereinen, um auf höchster politischer Ebene das Bekenntnis zur Umsetzung der sozialen Säule zu erneuern.
Wichtiger Hinweis: Sie sehen eine Archivseite. Diese Informationen geben den Stand des Veröffentlichungstages wieder (10.03.2021) und sind möglicherweise nicht mehr aktuell.