EU schließt Handelsabkommen mit Neuseeland
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EU-Partner im Indopazifik
Nach vier Jahren Verhandlungszeit haben Ende Juni 2022 die EU und Neuseeland die Verhandlungen über ein Handelsabkommen abgeschlossen. Das Handelsabkommen bietet laut EU-Kommission zahlreiche wirtschaftliche Möglichkeiten für in der EU ansässige Unternehmen sowie für die Verbraucherinnen und Verbraucher. Vladis Dombrovskis, EU-Kommissar für Handel, sprach gar von einer „neuen Generation von Handelsabkommen“, denn das Abkommen berücksichtige neben dem Pariser Klimaschutzabkommen auch essentielle Rechte von Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmern.
Auswirkungen auf den Handel zwischen EU und Neuseeland
Laut Kommission wird das vorgelegte Abkommen den Handel zwischen der EU und Neuseeland grundliegend verändern. So soll der Handel insgesamt bis zu 30% zunehmen und der Wert der EU-Exporte auf 4,5 Milliarden Euro steigen können. Darüber hinaus könnte das Handelsabkommen für bis zu 80% mehr EU-Investitionen in Neuseeland verantwortlich sein. Diese Anstiege werden vor allem durch zahlreiche Maßnahmen im Handelsabkommen möglich sein. Das Abkommen hält hierbei zum Beispiel fest, dass (fast) alle Zölle auf EU-Exporte nach Neuseeland abgeschafft werden. Darüber hinaus soll beispielsweise ein diskriminierungsfreier Umgang mit neuseeländischen Investoren in der EU und umgekehrt gewährleistet werden. In diesem Zusammenhang benennt das Abkommen erhebliche Verpflichtungen Neuseelands zum Schutz und zur Durchsetzung der Rechte des geistigen Eigentums im Einklang mit den EU-Standards.
Außerdem wird sich in dem Abkommen mit einem zusätzlichen Artikel, den kleinen und mittleren Unternehmen gewidmet, um diese gezielt zu unterstützen. Zusätzlich soll eine Öffnung des neuseeländischen Dienstleistungsmarktes durchgeführt werden (vor allem: Finanzdienstleistungen; Telekommunikation, Seeverkehr). EU-Unternehmen soll auch ein besserer Zugang zu neuseeländischen öffentlichen Aufträgen ermöglicht werden (z.B. für Waren, Dienstleistungs-, Bau- und Baukonzessionen). Diese Aufträge bieten laut Kommission eine große Chance, denn der Wert des Beschaffungsmarktes in Neuseeland beträgt 60 Milliarden Euro pro Jahr. Für den Bereich der Digitalisierung erleichtert das Abkommen den Datenverkehr, definiert berechenbare und transparente Regeln für den digitalen Handel und ein sicheres online-Umfeld für Verbraucher/innen, außerdem regelt das Abkommen die Verhinderung ungerechtfertigter Datenlokalisierungsauflagen und die Aufrechterhaltung der hohen Standards der EU beim Schutz personenbezogener Daten.
Konkrete Auswirkungen für den EU-Lebensmittelexport
Speziell Landwirte werden, so die EU-Kommission, stark von dem neuen Handelsabkommen profitieren. So werden die Zölle auf z.B. Schweinefleisch und Wein direkt nach in Kraft treten des Abkommens abgeschafft. Jedoch beschränken sich die Vorteile für die Landwirte nicht nur auf das Wegfallen von Zöllen, denn es werden zusätzlich 163 traditionelle EU-Erzeugnisse (z.B. Feta-Käse) auf dem Markt in Neuseeland geschützt. Darüber hinaus läßt das Abkommen für sensible landwirtschaftliche Erzeugnisse, z.B. mehrere Milchprodukte, Rind- und Schaffleisch, Ethanol und Zuckermais die Einfuhr aus Neuseeland nur in begrenzten Mengen zu (durch sog. Zollkontingente).
Neue nachhaltige Aspekte des Abkommens
Das Handelsabkommen gilt als deutlich nachhaltiger als jene zuvor, denn das Handelsabkommen mit Neuseeland ist das erste, welches im Kontext eines neuen Ansatzes der Kommission für nachhaltiges und gerechtes Wachstum geschlossen wurde. So bildet die Grundlage für das Abkommen das Einhalten der Ziele des Pariser Klimaschutzabkommens. Hierbei darf nicht unerwähnt bleiben, dass im Kontext des Handelsabkommens auch ein Sanktionsmechanismus eingeführt wurde, falls zum Beispiel gegen das Pariser Klimaschutzabkommen verstoßen wird. Darüber hinaus gibt es erstmals in einem Abkommen ein extra Kapitel zu nachhaltigen Lebensmittelsystemen, Handel und Gleichstellung der Geschlechter und über eine Veränderung der Subventionen für fossile Brennstoffe. Diese Themen und Ansätze wurden bereits bei der Konferenz über die Zukunft Europas ausgearbeitet und nun in die Praxis umgesetzt.
Wann tritt das fertige Handelsabkommen in Kraft? Welche Schritte müssen noch unternommen werden?
Nachdem der fertige Textentwurf veröffentlicht wird, muss der Rat diesen noch annehmen. Ist das geschehen, wird das Handelsabkommen offiziell von beiden Seiten unterzeichnet. Abschließend muss noch das Europäische Parlament zustimmen und das Abkommen zusätzlich von neuseeländischer Seite ratifiziert werden. Danach tritt das Abkommen offiziell in Kraft.
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