Der EU-Solidaritätsfonds – Welche Funktion hat der Fonds und EU-Kommission schlägt 112 Millionen Euro Fluthilfe für Bayern und Baden-Württemberg vor
Europa |
Die Europäische Kommission will mit insgesamt 116 Millionen Euro aus dem Solidaritätsfonds der Europäischen Union (EUSF) Deutschland und Italien helfen, die Folgen der schweren Überschwemmungen im Mai und Juni dieses Jahres zu bewältigen. Deutschland soll mit 112,07 Millionen Euro unterstützt werden, um Schäden in Bayern und Baden-Württemberg zu beheben, Italien soll 3,96 Millionen Euro für Wiederaufbaumaßnahmen nach den Überschwemmungen in der Region Aostatal erhalten.
Die EUSF-Hilfe deckt einen Teil der Kosten für Notfall- und Wiederaufbaumaßnahmen ab, einschließlich der Reparatur beschädigter Infrastrukturen und der Sicherung präventiver Infrastrukturen, des Schutzes des kulturellen Erbes sowie der Aufräumarbeiten. Die beiden Länder hatten Unterstützung aus dem Solidaritätsfonds beantragt
Zitat:
Elisa Ferreira, Kommissarin für Kohäsion und Reformen, sagte: „Der EU-Solidaritätsfonds ist ein konkretes Beispiel für gelebte EU-Solidarität, denn er stellt die Menschen und Regionen in den Mittelpunkt und hilft ihnen, die Schäden von verheerenden Naturkatastrophen zu bewältigen. Er ist ein wirksames Instrument, um unseren Gemeinschaften beim Wiederaufbau zu helfen, Hilfe nach Katastrophen zu leisten und die Widerstandsfähigkeit der Mitgliedstaaten gegen künftige klimabedingte Katastrophen zu stärken.“
Kurzdarstellung des Solidaritätsfonds: Funktion und Wirkungsweise
Rechtsgrundlage: Artikel 175 Absatz 3 und Artikel 212 Absatz 2 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union (AEUV),
Was ist der Solidaritätsfonds der EU
Der Solidaritätsfonds der Europäischen Union ermöglicht es der EU, einen Mitgliedstaat oder einen Staat, über dessen Beitritt verhandelt wird, bei der Bewältigung der durch eine Naturkatastrophe größeren Ausmaßes oder eine Notlage größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit verursachten Schäden wirksam zu unterstützen. Die Unterstützung kann nur von staatlichen Stellen beantragt werden, der Antrag muss spätestens innerhalb von 12 Wochen nach der Katastrophe bei der Europäischen Kommission gestellt werden. Die Europäische Kommission prüft dann den Antrag und schlägt einen Betrag für die Unterstützung vor und legt diesen dann dem Ministerrat und dem Europäischen Parlament zur Genehmigung vor. Der Solidaritätsfonds ist daher kein Instrument für die rasche Reaktion auf bestimmte Notfälle oder Naturkatastrophen, mit dem Antrag kann der Genehmigungsprozess mehrere Monate dauern. Sind die Mittel bewilligt worden, wird die Finanzhilfe nach der Unterzeichnung eines Abkommens zwischen der Kommission und dem Empfängerstaat bereitgestellt.
Der Solidaritätsfonds wurde 2002 als Reaktion auf die verheerenden Überschwemmungen in Mitteleuropa im Sommer jenes Jahres eingerichtet. Seither wurde mit dem Fonds in über 130 Fällen Unterstützung geleistet (110 Naturkatastrophen und 20 Gesundheitsnotfälle). Es haben bisher 24 Mitgliedstaaten (sowie das Vereinigte Königreich) und vier Bewerberländer (Albanien, Montenegro, Serbien und die Türkei) Unterstützung aus dem Solidaritätsfonds erhalten und insgesamt wurden über 8,2 Mrd. EUR ausgezahlt.
Auch Deutschland hat immer wieder finanzielle Hilfen aus dem Fonds erhalten, so 2021 nach den Fluten im Ahrtal und angrenzenden Regionen 612 Mio. €
Im Februar 2024 wurde der Mehrjährige Finanzrahmen 2021-2027 überarbeitet, um zusätzliche Mittel zur Bewältigung neuer und sich abzeichnender Herausforderungen für die EU bereitzustellen. Im Rahmen dieser Überarbeitung wurde der jährliche Höchstbetrag für die Solidaritäts- und Soforthilfereserve um 1,5 Mrd. EUR aufgestockt. Mit dieser Aufstockung soll die Fähigkeit der EU zur Bewältigung von Krisen und Notsituationen verbessert werden.
Die Unterstützung aus dem Solidaritätsfonds erfolgt in Form einer Finanzhilfe, die die öffentlichen Ausgaben des Empfängerstaates ergänzt und zur Finanzierung von wesentlichen Notfall- und Aufbaumaßnahmen dient, mit denen grundsätzlich nicht versicherbare Schäden behoben werden sollen. Dringend notwendige, förderfähige Maßnahmen sind:
die unverzügliche Wiederinbetriebnahme zerstörter Infrastruktur und technischer Anlagen in den Bereichen Energieversorgung, Trinkwasserversorgung, Abwasserentsorgung, Telekommunikation, Verkehr, Gesundheitsversorgung und Bildung,
die Bereitstellung von Notunterkünften und die Finanzierung der für die Bedürfnisse der betroffenen Bevölkerung bestimmten Hilfsdienste,
die unverzügliche Sicherung der präventiven Infrastruktur und Maßnahmen zum Schutz des kulturellen Erbes,
die Säuberung der von der Katastrophe betroffenen Gebiete einschließlich der Naturräume,
die rasche Unterstützung, einschließlich medizinischer Unterstützung, für die von einer Notlage größeren Ausmaßes im Bereich der öffentlichen Gesundheit betroffene Bevölkerung und den Schutz der Bevölkerung vor einer Gefährdung.
Seit der Reform im Jahr 2014 haben die Mitgliedstaaten die Möglichkeit, Vorschusszahlungen zu beantragen, über deren Bewilligung die Kommission entscheidet (sofern genügend Mittel zur Verfügung stehen). Der Höchstbetrag für Vorschusszahlungen beträgt 25 % des voraussichtlichen Gesamtbetrags der finanziellen Unterstützung aus dem Solidaritätsfonds, wobei 100 Mio. EUR nicht überschritten werden dürfen. Notfallmaßnahmen können rückwirkend ab dem ersten Tag der Katastrophe finanziert werden.