Europäische Kommission stellt Kompass für Wettbewerbsfähigkeit vor
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Die Europäische Kommission hat am 29.01.2025 den angekündigten „Kompass für Wettbewerbsfähigkeit“ vorgestellt, der auf Grundlage der Empfehlungen des Draghi-Berichts (früherer Präsident der Europäischen Zentralbank) einen Fahrplan für die EU aufstellt, wie die Ziele von Innovation bei Technologien und Dienstleistungen und gleichzeitiger Erreichung von Klimaneutralität bis 2050 erzielt werden können. Nach dem Willen von Kommissionspräsidentin, von der Leyen, soll der Kompass der Leitstern der neuen Kommission sein und die Arbeit in den nächsten fünf Jahren vorantreiben. In einer Rede vor dem Europäischen Parlament erklärte von der Leyen am 22.01.2025: „Wir stellen uns drei Ziele: Erstens, das Schließen der Innovationslücke gegenüber unseren Wettbewerbern, zweitens, ein gemeinsamer Fahrplan zu Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit und drittens, die Stärkung unserer wirtschaftlichen Widerstandsfähigkeit und Sicherheit“.
Die drei Forderungen im Draghi-Bericht sind:
Die Innovationslücke schließen
Die EU will Innovationsmotor sein und ein Umfeld für junge innovative Start-up-Unternehmen schaffen, die industrielle Führungsrolle in wachstumsstarken Sektoren auf Basis von Deep Tech stärken und die Verbreitung von Technologien in etablierten Unternehmen und KMU fördern.
In diesem Zusammenhang will die Kommission „KI-Gigafabriken“ und Initiativen unter dem Motto „KI anwenden“ vorschlagen, um die Entwicklung der KI und ihren Einsatz in Schlüsselsektoren der Industrie zu fördern. Außerdem will sie Aktionspläne in Bezug auf fortgeschrittene Werkstoffe, Quanten- und Biotechnologien, Robotik und Weltraumtechnologien vorlegen.
Mit einer eigens auf Start-up- und Scale-up-Unternehmen zugeschnittenen Strategie der EU sollen die Hindernisse angegangen werden, die der Entstehung und Expansion neuer Unternehmen im Wege stehen. Durch einen Vorschlag für eine 28. Rechtsordnung sollem die geltenden Vorschriften vereinfacht werden, darunter die einschlägigen Aspekte des Gesellschaftsrechts, der Insolvenz, des Arbeits- und des Steuerrechts, und geleichzeitig die Kosten eines Scheiterns gesenkt werden. So sollen Innovative Unternehmen die Vorzüge eines einheitlichen Regelwerks nutzen können, unabhängig davon, in welchem der 27 EU-Mitgliedsland sie investieren und ihren Aktivitäten nachgehen.
Ein gemeinsamer Fahrplan für Dekarbonisierung und Wettbewerbsfähigkeit
Im Kompass werden hohe und volatile Energiepreise als eine der größten Herausforderungen genannt, zugleich werden Interventionsbereiche festgelegt, um den Zugang zu sauberer erschwinglicher Energie zu erleichtern.
Im künftigen Deal für eine saubere Industrie wird ein wettbewerbsorientierter Ansatz für die Dekarbonisierung dargelegt, der darauf abzielt, die EU als attraktiven Standort für die Fertigung zu sichern, darunter auch für energieintensive Industrien; saubere Technologien sowie neue kreislauforientierte Geschäftsmodelle sollen gefördert werden.
Ein Aktionsplan für erschwingliche Energie soll dazu beitragen, die Energiepreise und -kosten zu senken.
Mit einem Rechtsakt zur beschleunigten Dekarbonisierung der Industrie sollen beschleunigte Genehmigungsverfahren auf Sektoren im Übergang ausgeweitet werden. Darüber hinaus sieht der Kompass maßgeschneiderte Aktionspläne für energieintensive Sektoren wie Stahl, Metall und Chemie vor, die das Rückgrat des europäischen Produktionssystems sind, für die diese Phase des Übergangs jedoch mit den größten Risiken verbunden ist.
Verringerung übermäßiger Abhängigkeiten und Stärkung der Sicherheit
Die Kommission verweist darauf, dass die Fähigkeit der EU, zu diversifizieren und Abhängigkeiten zu verringern, von dem Aufbau effektiver Partnerschaften abhängen wird. Die EU verfüge bereits über das weltweit größte und am schnellsten wachsende Netzwerk von Handelsabkommen, an dem 76 Länder beteiligt sind, auf die fast die Hälfte des Handels der EU entfällt.
Um die EU- Lieferketten auch weiterhin zu diversifizieren und zu stärken, werde mit dem Kompass eine neue Reihe von Partnerschaften für sauberen Handel und Investitionen dargelegt. Diese sollen dazu beitragen, die Versorgung mit Rohstoffen, sauberer Energie, nachhaltigen Kraftstoffen und sauberen Technologien aus der ganzen Welt zu sichern.
Durch eine Überarbeitung der Vorschriften für die Vergabe öffentlicher Aufträge soll im EU-Binnenmarkt möglich sein, eine europäische Präferenz bei der Vergabe öffentlicher Aufträge für kritische Sektoren und Technologien einzuführen.
Fünf horizontale Faktoren für Wettbewerbsfähigkeit
Zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit in allen Sektoren sollen die drei Säulen durch fünf horizontale Faktoren ergänzt werden:
Vereinfachung: Mit diesem Faktor soll der Regelungs- und Verwaltungsaufwand drastisch reduziert werden. Ein systematisches Vorgehen soll die Verfahren für den Zugang zu EU-Mitteln und für Verwaltungsentscheidungen der EU einfacher, schneller und schlanker gestalten.
Mit dem bevorstehenden Omnibus-Vorschlag werden die Berichterstattung zur Nachhaltigkeit, die Sorgfaltspflicht und die Taxonomie einfacher gestaltet. Darüber hinaus will die Europäische Kommission Tausenden kleinerer Unternehmen mit mittlerer Kapitalisierung erleichtern, ihren Geschäftstätigkeiten nachzugehen.
So wird durch den Kompass das Ziel festgelegt, den Verwaltungsaufwand für Unternehmen um mindestens 25 Prozent und für KMU um mindestens 35 Prozent zu senken.
Erläuterung: Die Omnibusverordnung ist eine übergreifende Regelung, die mehrere bestehende europäische Verordnungen und Richtlinien rund um die Nachhaltigkeitsberichterstattung zusammenfasst und anpassen soll.
Abbau von Hindernissen für den Binnenmarkt
Die Europäische Kommission macht deutlich, dass der EU-Binnenmarkt seit 30 Jahren Europas bewährter Motor für Wettbewerbsfähigkeit ist. Damit er in allen Branchen noch besser funktioniere könne, sollen im Zuge einer horizontalen Binnenmarktstrategie der Rahmen für die wirtschaftspolitische Steuerung modernisiert, Hindernisse innerhalb der EU beseitigt und neue Hindernisse vermieden werden.
In diesem Zusammenhang will die Kommission auch die Normungsverfahren schneller und leichter zugänglich machen, wobei der Fokus insbesondere auf KMU und Start-up-Unternehmen liegen soll.
Die Wettbewerbsfähigkeit finanzieren:
Der EU fehlt es nach Ansicht der Europäischen Kommission an einem effizienten Kapitalmarkt, damit aus Ersparnissen Investitionen werden können. Die Europäische Kommission werde daher eine Europäische Spar- und Investitionsunion vorstellen, um neue Spar- und Anlageprodukte sowie Anreize für Risikokapital zu schaffen und sicherzustellen, dass Investitionen in der gesamten EU nahtlos möglich sind. Im neu ausgerichteten EU-Haushalt werde der Zugang zu EU-Mitteln im Einklang mit den Prioritäten der EU gestrafft.
Kompetenzen und hochwertige Arbeitsplätze fördern
Für die Wettbewerbsfähigkeit Europas sind für die Europäische Kommission die Menschen entscheidend. Damit die Kompetenzen und die Anforderungen des Arbeitsmarkts miteinander übereinstimmen, will die Kommission eine Initiative vorlegen, um eine Union der Kompetenzen zu schaffen.
Deren Schwerpunkte liegen auf Investitionen, Erwachsenenbildung und lebenslangem Lernen, dem Aufbau zukunftssicherer Kompetenzen und ihrem Erhalt, der fairen Mobilität, der Anwerbung und Integration qualifizierter Fachkräfte aus dem Ausland sowie der Anerkennung unterschiedlicher Arten der Ausbildung, um Menschen in die Lage zu versetzen, in der gesamten EU zu arbeiten.
Bessere Koordinierung der politischen Maßnahmen auf EU- und nationaler Ebene
Die Europäische Kommission will ein Instrument zur Koordinierung der Wettbewerbsfähigkeit einführen, um zusammen mit den Mitgliedstaaten die Umsetzung der gemeinsamen politischen Ziele der EU auf EU-Ebene und auf nationaler Ebene sicherzustellen, grenzüberschreitende Projekte von europäischem Interesse zu ermitteln und damit verbundene Reformen und Investitionen fortzusetzen.
Für den nächsten mehrjährigen Finanzrahmen (ab 2028) kündigt die Europäische Kommission einen Fonds für Wettbewerbsfähigkeit an, der an die Stelle mehrerer bestehender EU-Finanzinstrumente mit ähnlichen Zielen treten und die finanzielle Unterstützung für die Durchführung von Maßnahmen mit dem Instrument zur Koordinierung der Wettbewerbsfähigkeit gewährleisten soll.