Psychiatrische Krankheitsbilder - kurze Übersicht
Psychosen
Der Begriff „Psychose“ umfasst eine Reihe (in vielen Fällen vorübergehender) psychischer Störungen, bei denen die Betroffenen die Realität verändert wahrnehmen oder verarbeiten. Das Krankheitsbild bei Psychosen ist sehr vielfältig. Betroffene haben oft Halluzinationen, Realitätsverlust oder Wahnvorstellungen und schwerwiegende Denkstörungen. Diese Symptome werden teilweise von starken Ängsten begleitet. Zusätzlich können auch Störungen des Antriebs oder sogenannte "Ich-Störungen" auftreten, bei denen die Grenze zwischen der Umwelt und dem Ich verschwimmt. Betroffene glauben z.B., Gedanken lesen zu können oder ihrer eigenen Gedanken beraubt zu werden. Andere berichten, dass sie sich von außen manipuliert oder ferngesteuert fühlen. Betroffene können das Empfinden haben, die Umwelt sei nicht real oder sie selber seien nicht die Person, die sie zu sein scheinen.
Persönlichkeitsstörungen
Die Persönlichkeit eines Menschen entwickelt sich in Abhängigkeit von genetischen Bedingungen und den Lern- und Beziehungserfahrungen vor allem in der Kindheit aber auch noch das ganze weitere Leben hindurch. Sie umfasst das Gefühlsleben, die Wahrnehmung, das Denken und die Beziehung zu anderen.
Persönlichkeitsstörungen sind im Kern Beziehungsstörungen mit unflexiblen, starren und unzweckmäßigen Reaktionen auf unterschiedliche Situationen, die dabei die Lebensqualität des Betroffenen beeinträchtigen, zu (subjektivem) Leid oder zu häufigen Konflikten mit seiner Umwelt führen. Abweichende, unangepasste Erlebensweisen, Erfahrungs- und Verhaltensmuster schränken dabei den Betroffenen in seiner Zufriedenheit und im Erreichen seiner persönlichen Ziele ein oder führen zu häufigen Problemen mit anderen Menschen oder der Gesellschaft.
Affektive Störungen
Das Krankheitsbild „affektive Störung“ ist mit einer extrem starken Veränderung der Stimmungslage verbunden. Es kann in Form einer gedrückten und traurigen oder einer stark gehobenen Stimmung auftreten. Unterschieden werden depressive Episoden und euphorische, hyperaktive Stimmungslagen, die über einen längeren Zeitraum hinweg vorliegen, eine deutliche Einschränkung für den Betroffenen darstellen und bestimmte Kombinationen von Symptomen aufweisen.
Depressionen
Eine Depression ist eine ernste Erkrankung, die das Denken, Fühlen und Handeln der Betroffenen beeinflusst. Meist handelt es sich dabei um eine anhaltende gedrückte Stimmung, Grübeln, eine Hemmung von Antrieb und Denken sowie Interessenverlust, aber auch körperliche Symptome (z.B. Appetitstörungen, Schlaflosigkeit, Schmerzzustände) können ein Hinweis auf eine Depression sein.
Die Fähigkeit sich zu freuen oder Dinge positiv zu sehen ist in einer depressiven Episode meist stark eingeschränkt. Daraus entstehen bei den Betroffen Schuldgefühle und das Gefühl der eigenen Wertlosigkeit, was wiederum das Selbstvertrauen und das Selbstwertgefühl stark beeinträchtigt.
Manie
Eine Manie wird zumindest teilweise als angenehm wahrgenommen, da sie mitunter von sehr positiven Stimmungen geprägt ist. Charakteristisch sind Symptome wie starke Euphorie, gesteigerter Antrieb und Aktivität, Übererregung und Gereiztheit. Häufig zeigen sich auch eine gesteigerte Geselligkeit, Gesprächigkeit und Libido, dafür vermindertes Schlafbedürfnis.
Dadurch kann der Alltag stark beeinträchtigt werden. Betroffene klagen oft über rasende Gedanken und Sprunghaftigkeit. Es kann zur Selbstüberschätzung und zu Größenwahn kommen. Hält dieser Zustand länger als eine Woche an, ist von einer Manie auszugehen.
Bipolare affektive Störung
Bipolare Störungen sind häufig schwer verlaufende psychische Erkrankungen, die durch den Wechsel manischer und depressiver Stimmungslagen charakterisiert sind. Die Stimmungsschwankungen treten wiederholt auf.
Abhängigkeitserkrankungen
Abhängigkeitserkrankungen zählen zu den häufigsten psychischen Störungen. Unterschieden wird zwischen stoffgebundenen (vor allem Alkohol-, aber auch Medikamenten- oder Drogenabhängigkeit) und nichtstoffgebundenen Abhängigkeiten (etwa Spiel-, Internet- oder Kaufsucht). Die Auswirkungen auf die körperliche und seelische Gesundheit, wie auch auf das Privat- und Berufsleben können gravierend sein.
Anfänglich wird mit dem Konsum eines Suchtmittels eine positive Veränderung der Stimmungslage erzielt, die oft als unangenehm empfundene Ausgangssituation wird scheinbar gebessert. Nach der „Ernüchterung" folgt der Wunsch, erneut in den als angenehm empfundenen Zustand zu kommen. Ein Teufelskreis beginnt, und das Suchtmittel wird für den Betroffenen immer mehr zum Lebensmittelpunkt. Typischerweise besteht ein starkes Verlangen nach dem Suchtmittel, eine verminderte Kontrolle über seinen Konsum und anhaltender Gebrauch trotz schädlicher Folgen.
Neurotische und Belastungsstörungen
Anpassungsstörung
Eine Anpassungsstörung kann auftreten, wenn Menschen eine in psychischer oder physischer Hinsicht neu eingetretene schwierige Situation über einen längeren Zeitraum hinaus nicht akzeptieren können bzw. sich dieser neuen Lebenslage nicht adäquat anpassen können. Soziale Beziehungen und Leistungsfähigkeit sind eingeschränkt.
Auslöser können zum Beispiel familiäre, berufliche oder finanzielle Probleme, körperliche Erkrankungen, Krankheits- und Todesfälle im sozialen Umfeld oder auch Umzüge sein. Dabei sind nicht die objektive Härte des Ereignisses, sondern das subjektive Empfinden der Belastung, die Vorgeschichte, die individuelle Belastbarkeit und die Bewältigungsfähigkeiten entscheidend für die Krankheitsentstehung und ihren Schweregrad.
Angsterkrankungen/ -störungen
Prinzipiell ist Angst ein gesunder Mechanismus, der den Menschen vor Gefahr warnt. Wenn Angst jedoch ein übersteigertes Ausmaß erreicht, hindert das die Betroffenen daran, ihr Leben frei zu gestalten. Angsterkrankungen zählen neben Depressionen zu den häufigsten psychischen Erkrankungen.
Wird eine Angststörung nicht behandelt, kann sie sich immer weiter verselbstständigen. Die „Angst vor der Angst“ kann dazu führen, dass Angst auslösende Orte und Situationen zunehmend vermieden werden, was schließlich zum sozialen Rückzug führen kann.
Aufgrund der Auswirkungen ihrer Erkrankung kommt es oft zu Problemen in Partnerschaft, Familie und Berufsleben.
Formen einer Angststörung können Panikattacken, eine generalisierte Angststörung sowie soziale oder spezifische Phobien sein.
Zwangserkrankungen
Wesentliche Kennzeichen einer Zwangserkrankung sind wiederkehrende unerwünschte Gedanken und zwanghafte Handlungen, die den Betroffenen immer wieder stereotyp beschäftigen. Von einer Zwangserkrankung oder Zwangsstörung spricht man erst, wenn sich Verhaltensweisen andauernd wiederholen und ein solches Ausmaß annehmen, dass der Betroffene daran leidet und/oder der Alltag beeinträchtigt ist.
Zwangsgedanken sind Vorstellungen, Gedanken oder Impulse, die der Betroffene als unsinnig oder übertrieben erkennt, die sich ihm aber trotzdem immer wieder aufdrängen. Unangenehme Gefühle wie Ängste, Unbehagen oder Ekel sind damit verbunden.
Zwangshandlungen sind sich wiederholende Verhaltensweisen, zu denen sich der Betroffene gedrängt fühlt, obwohl er sie selbst als übertrieben oder sinnlos ansieht. Zwangshandlungen haben oft zum Ziel, Ängste, Unbehagen oder Ekel zu verringern.
Gerontopsychiatrische Erkrankungen
Gerontopsychiatrie beschäftigt sich mit älteren Menschen und ihren psychischen Erkrankungen, d. h. mit Menschen jenseits des 60. Lebensjahres. Manchmal wird die Grenze auch schon beim 55. Lebensjahr gezogen. Häufige Krankheitsbilder sind dabei Demenzerkrankungen und leichte bis schwere depressive Störungen.
Depressionen im Alter
Mehr als bei jüngeren Menschen sind im Alter die Hauptsymptome einer Depression (negative Stimmungslage, Freudlosigkeit, Niedergeschlagenheit, Antriebslosigkeit) zu Anfang oft von körperlichen, teils psychosomatischen, Beschwerden überlagert.
Alzheimer-Demenz
Die Alzheimer-Demenz ist eine langsam fortschreitende Hirnleistungsstörung, die mit einem zunehmenden Verfall der geistigen Fähigkeiten einhergeht. Im Verlauf der Erkrankung treten u.a. Störungen des Gedächtnisses und des Verhaltens, aber auch Schwierigkeiten bei der Verrichtung alltäglicher Dinge auf. Die Auswirkungen steigern sich im Laufe einiger Jahre soweit, dass die eigene Familie nicht mehr erkannt und der Patient den Angehörigen immer fremder wird.
Je früher die Krankheit erkannt wird, umso effektiver und besser können die Betroffenen behandelt und betreut werden.
Demenz
Die Demenz ist ein krankheitsbedingtes Hirnleistungsdefizit. Kognitive Fähigkeiten - wie z.B. Erkennen, Gedächtnis, Sprache, Lernen, Planen - und emotional-soziale Fähigkeiten können (zunehmend) beeinträchtigt sein. Dadurch kommt es bei den Betroffenen zu Veränderungen der Persönlichkeit und der Stimmungslage. Die Symptome einer Demenz hängen von der Art der Erkrankung ab, da es verschiedene Demenzformen mit unterschiedlichen Ursachen gibt. Je früher eine Behandlung einsetzt, desto länger können sich Betroffene im Alltag zurechtfinden und am sozialen Leben teilhaben.